Full text: [Teil 4 = 5. Schulj., [Schülerbd.]] ([Teil 4 = 5. Schulj., [Schülerbd.]])

Hand. Duftende Weihrauchwolken verschleierten das Bild auf dem 
Altare. Sie lauschten zum erstenmal dem ernsten Gesänge der Mönche. 
Nachdem Winfried die Christen gefirmt hatte, taufte er die Heiden. 
Kinder und Erwachsene in weißen Taufkleidern schritten zum Tauf¬ 
becken, und Winfried fragte sie: „Widersagt ihr euern Göttern, dem 
Wodan und dem Donnergotte — und dem Roßfleisch?" Sie ant¬ 
worteten: «Wir widersagen." Und wieder fragte er sie: «Glaubt ihr 
an Gott den Vater, an Jesus, seinen Sohn, und an den heiligen Geist?" 
Sie antworteten: «Wir glauben." Nun stieg einer nach dem andern die 
Stufen hinab in den Taufbrunnen und beugte den Nacken, daß ihm 
das geweihte Wasser über das Haupt floß. Zuletzt stellte ihnen Winfried 
am Altare einen seiner Mönche vor und sprach: «Morgen muß ich 
wieder Weiterreisen; diesen Mönch hier lasse ich zurück. Folget seinen 
Worten und gebt ihm, was er zum Leben braucht; er ist euer Pfarrer.“ 
Während Winfried am nächsten Morgen hinausritt, schlich ein 
grauhaariges Weiblein mit gekrümmtem Rücken auf einsamen Wald¬ 
wegen davon. In der einen Hand trug sie den Wanderstab, in der andern 
ein kleines Bündel. Es ist die Waldfrau; sie sucht einen Ort, wo es 
noch heilige Eichen gibt und Leute, die zum Donnergotte beten. 
139. Heinrich der Vogelsteller. Vogl. 
1. Herr Heinrich sitzt am Vogelherd recht froh und wohlgemut; 
aus tausend Perlen blinkt'und blitzt der Morgensonne Glut. 
In Wies’ und Feld und Wald und Au, horch, welch ein süßer Schall! 
Der Lerche Sang, der Wachtel Schlag, die süße Nachtigall. 
2. Herr Heinrich schaut so fröhlich drein: «Wie schön ist heut' die 
Welt! 
Was gilt’s? heut’ gibt’s 'neu guten Fang!“ — Er lugt zum Himmelszelt. 
Er lauscht und streicht sich von der Stirn das blondgelockte Haar: 
«Ei doch, was sprengt denn dort herauf für eine Reiterschar?“ 
3. Der Staub wallt auf; der Hufschlag dröhnt; es naht der Waffen 
Klang. 
«Daß Gott! die Herrn verderben mir den ganzen Vogelfang! 
Ei nun, — was gibt’s?“ — Es hält der Troß vorm Herzog plötzlich an. 
Herr Heinrich tritt hervor und spricht: «Wen sucht Ihr Herrn? 
sagt an!“ 
4. Da schwenken sie die Fähnlein bunt und jauchzen: «Unsern Herrn! 
Hoch lebe Kaiser Heinrich, — hoch des Sachsenlandes Stern!“ 
Dies rufend knien sie vor ihm hin und huldigen ihm still 
und rufen, als er staunend fragt: «’s ist deutschen Reiches Will’!' 
5. Da blickt Herr Heinrich tief bewegt hinauf zum Himmelszelt: 
«Du gabst mir einen guten Fang! — Herr Gott, wie dir’s gefällt!“ —
	        
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