Full text: Deutsche Jugend ([Teil 5 = 6. - 8. Schulj., [Schülerbd.]])

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Die Dämmerung brach herein, blutrot war die Sonne untergegangen, 
blutrot ging der Mond auf, hier und da standen einzelne Gehöfte in 
hellem Brand. Der dröhnende Geschützkampf hatte etwas nachgelassen, 
ein paar feindliche Schrapnells platzten wie hell blinkende Leuchtkugeln 
in der Luft. 
Einer nahe der Landstraße etwas höher gelegenen Mühle, bei der 
ich am Vormittag Pferd und Burschen gelassen, wanderte ich zu, bewegt 
von den mannigfachen Eindrücken des Tages, der auch mir die nahe 
Bekanntschaft der russischen Granaten und Gewehrgeschosse verschafft. 
Von dem die Mühle umgebenden Rundgang hatten Generalstabs— 
offiziere den Fortgang des Kampfes verfolgt; jetzt standen sie noch 
unten zusammen, bevor sie sich trennten. Auf strohgefüllten Leiter— 
wagen wurden Verwundete vorbeigebracht; leichter Verletzte, eine 
Hand oder einen Arm oder den Kopf verbunden, schritten einzeln oder 
auch mehrere zusammen ermattet hinterher. 
Die Offiziere machten sich aufmerksam auf eine seltsame Gruppe. 
Zwei Soldaten, von denen einer die Unteroffizierstressen trug, mit 
Kopfverwundungen, hatten, sich die rechte und die linke Hand reichend, 
eine Tragbahre gebildet, auf der ein Schwerverletzter ruhte, den Kopf 
an die Schulter des einen Trägers gelehnt. Man winkte ihnen und 
forderte sie auf, den Verwundeten hier niederzulegen, es müßten in 
kurzem aus Wirballen Lazarettautos kommen. 
Auch ich trat heran: ja, das war ja der kleine Soldat aus Gum— 
binnen! Auch den Generalstäblern war dieser jugendliche Kämpfer auf⸗ 
gefallen, ich hörte, wie der Unteroffizier antwortete. „Es ist unser 
Junge˖, Herr Hauptmann. Er war auch heute wieder immer vornweg! 
Morgen sollte ihm das Eiserne Kreuz ausgehändigt werden, wie sehr 
hatte er sich darauf gefreut!“ 
Bleich waren die Züge des kleinen Soldaten, der einen Brustschuß 
erhalten hatte. Jetzt schlug er die Augen auf, als ob er gehört, gefühlt, 
daß von ihm gesprochen wurde. Es waren die Augen eines Sterben— 
den. Der eine Kamerad, der ihn getragen, war neben ihm niederge— 
kniet, ihm sanft das Haupt stützend, der Unteroffizier hatte die Hände 
gefaltet. Die letzten Blicke des kleinen Soldaten flackerten fiebernd 
umher, nun blieben sie auf dem Hauptmann haften. Der hatte sie ver— 
standen. Er nestelte sein Eisernes Kreuz los, beugte sich nieder, legte 
es in die erkaltenden Hände des Liegenden. „Hier, du junger Held, 
du hast es dir redlich verdient!“
	        
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