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Der Sage nach sollen 661 auf dem nahen Regenstein neun Brüder
gelebt haben, von denen einer in jenem Jahre auf einem Hellen Kalkstein¬
felsen, der väterlichen Burg gegenüber, ein befestigtes Schloß erbaute,
welches von dem »Blankenstein«, auf dem es stand, den Namen »Blanken¬
burg« erhielt. Der letzte Sprößling dieses älteren Grafenhauses habe zu
den hartnäckigsten Gegnern Karls des Großen gehört und sei in deu
Sachsenkriegen gefallen. Mit der Grafschaft im Harzgau habe der König
alsdann einen edlen Franken belehnt, der von der Blankenburg aus den
Harzgau verwaltete und unter freiem Himmel Recht sprach vor den Ding¬
oder Thiestätten, wie z. B. unter den beiden Linden, welche bis zu An¬
fang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts am oberen Ende des Thies an
der Stelle des heutigen Blankenburger Gymnasiums standen.
Unter den nachfolgenden Kaisern änderten sich die Verhältnisse. Der
Harzgau löste sich in mehrere Grafschaften auf. Und einige hundert Jahre
später regierte auf dem Schlosse statt des Gaugrasen ein »Graf von
Blankenburg«. Dieser empfing im Jahre 1130 von dem mächtigen
Sachsenherzoge Lothar, welcher damals Kaiser von Deutschland war, die
Grafschaft Blankenburg als Lehen, d. h. er und seine Nachkommen sollten
dieselbe wie ihr Eigentum verwalten, waren aber- ihrem Lehnsherrn, dem
Sachsenherzoge, der ihnen dafür seinen Schutz angedeihen ließ, zu Dienst
und Treue verpflichtet. Starb das Geschlecht der Vasallen oder Lehns¬
träger aus, so fiel das Lehen wieder an den Lehnsherrn zurück. Dieser
Fall trat 1599 ein. In diesem Jahre ging der letzte Sprößling des
Grafenstammes, ein Knabe von 3V2 Jahren, zu seinen Vätern ein.
Nun zog Herzog Heinrich Julius von Braunschweig als Nachkomme
Lothars das erledigte Lehen wieder ein; die Grafschaft Blankenburg wurde
also ein Teil des Herzogtums Braunschweig und das Schloß war von
nun an der Sitz eines Hauptmanns, welcher die Regierungsgeschäfte besorgte.
Im 30jährigen Kriege diente das Schloß zeitweilig als Kornmagazin;
indessen kehrten auch berühmte Feldherren, wie Wallenstein, vorübergehend
in demselben ein, oder schlugen längere Zeit ihr Quartier darin auf, wie
der Landaussauger Marode (Marodeure). Als sich im Jahre 1627 eine
Schar dänischer Krieger in die Stadt Blankenburg geworfen hatte, wurde
sie von den Kaiserlichen eine Woche lang belagert. Dann aber eröffneten
sie aus schwerem Geschütz ein heftiges Feuer und zwangen die Dänen, sich
ins Harzgebirge zu flüchten. Die an der Ostseite des Schlosses und am
Rathause eingemauerten Kugeln erinnern an jene Beschießung.
Die glanzvollste Zeit für Stadt und Schloß kam 1690 mit der Über¬
weisung der Grafschaft an den späteren Herzog Ludwig Rudolf. Mit
ihm zog ein heiteres, fröhliches Leben in die während und nach dem
30jährigen Kriege mehr und mehr verödeten Räume ein. Drei schöne
Töchter erhöhten die Freude und das Glück des lebensfrohen Fürstenpaares.
Durch ihre feine Bildung, Anmut und Herzensgüte lenkten sie die Augen
mächtiger Herrscher auf sich. Die älteste, Elisabeth Christine, wurde die