Full text: Deutsche Jugend ([Teil 5 = 6. - 8. Schulj., [Schülerbd.]])

225 — 
Anhang. 
I. Religiöses und sittliches Leben. 
159. Werktätige Christenliebe. 
Auf einem Wagen fuhr ich einem fernen Dorfe in Amts¬ 
geschäften zu. Mit meinen! Fuhrmanne km'ipfte ich ein Gespräch an; 
ich fragte ihn nach seinen Kindern. Er wußte allerlei Günstiges 
zu Gerichten, nur mit seinem Ältesten war er nicht zufrieden. „Der 
bringt's im ganzen Leben zu nichts!" rief er ärgerlich. „Warum 
denn nicht?" fragte ich. „Ist er leichtsinnig oder schlecht?" „Das 
nicht!" rief der Vater. „Eher zu gut! Er läßt sich die Butter 
vom Brote nehmen, hilft anderen und vergißt sich selbst!" „So 
danken Sie doch Gott für ein solches Kind!" rief ich aus. „Wer 
sich vergißt und andern hilft, ist der beste Christ und glücklichste 
Mensch!" „Das ist aber dumm und paßt nicht in unsere Zeit!" 
erwiderte mein Fuhrmann verdrießlich. „Jeder denkt an sich und 
sucht seinen Vorteil, so will's heute die Welt!" „Das sei Gott ge¬ 
klagt!" fuhr ich fort. „Die S e l b st s u ch t ist der Fluch unserer 
Zeit. Sie hetzt die Menschen rastlos umher und hetzt sie zusammen 
wie wilde Tiere. Die Liebe zu Gott und den Brüdern aber ist 
die heilige, heimliche Macht, die die Welt im Innersten zusammen¬ 
hält und den Fluch in Segen wandelt. Sie geht leise wie ein stiller 
Engel durch die zerrissene Menschheit, heilt alle Wunden und lindert 
alles Elend." „Man merkt aber wenig davon!" meinte der Mann. 
„Wenig?" fragte ich. „Sehen Sie sich nur recht um! Sie begleitet 
und geleitet die Menschen von der Wiege bis zum Grabe. Haben 
Sie schon von der i n n e r e n M i s s i o n gehört?" „M i s s i o n?" 
fragte er. „Da werden jawohl die Heiden bekehrt!" „Das ist die 
äußere Mission!" antwortete ich. „Die innere will alle Wunden 
und Schäden in der Christenheit heilen, damit das Christentum bei 
allen Tat und Wahrheit, Liebe und Leben werde. Die Liebe ist 
die Seele der inneren M i s s i o n." 
„Was hat denn diese Liebe Großes gewirkt?" fragte mein 
Fuhrmann. Ich antwortete: „Sie hat ein Netz von Wohl- 
sahrtseinrichtungen über die arme, leidende Menschheit 
gebreitet. Schon die zarte Jugend sucht sie vor Verkümmerung zu 
hüten, Jünglinge und Jungfrauen auf Gottes Wegen zu erhalten, 
Verlorene zu retten, Gefährdete zu bewahren, Kranke und Gebrech¬ 
liche zu Pflegen, Arme und Elende zu beglücken und Männer wie 
Deutsche Jugend, v. ^
	        
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