Full text: [Teil 5 = 5. Schulj., [Schülerbd.]] (Teil 5 = 5. Schuljahr, [Schülerband])

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Dieser mächtige Herrscher, vor dem hundert Volker erbebteil und Ronr 
und Kvnstantinvpel in ihren Grundfesten erzitterten, wenn er sein Schwert 
in die Erde stieß, brach im Jahre 451 mit einem Heere von 700000 Mann 
auf und wandte sich gegen Abend. Er zog durch Deutschland, ging über 
den Rhein und fiel in Frankreich ein. Sein Zug war wie ein Heer der 
Heuschrecken, das in ein grünes Feld einfällt: das Land war vor ihm 
löte ein Lustgarten, aber hinter ihm wie eine wüste Einöde. Im westlichen 
Römerreichc war damals ein großer Feldherr, Aetius mit Namen. 
Dieser brachte die ganze Macht des Reiches auf und verband sich mit 
mehreren deutschen Stämmen, als den Westgoten, Alanen, Franken unb 
Burgundern; denn es galt rtichts Geringeres als den Kampf einer ge¬ 
bildeten Welt mit der rohen Barbarei. In der weiten Ebene, in welcher 
Chalons liegt, und die von den Alten die katalaunischen Felder genannt 
Mird, stießen die Heere aufeinander. Als die Schlacht ihren Anfang nehmen 
sollte, rief Attila die Anführer seiner Schareil zusammen und sprach: 
„Nichts Gemeines ziemt mir, euch zu sagen, oder euch, von mir zu hören. 
Seid Männer! Greift an, brechet ein, werfet alles nieder! Der Römer 
Schlachtordilung und Schilddücher verachtet; fallet auf die Westgoten und 
Alanen, in denen ist die Kraft des Feindes! Müßt ihr sterben, so werdet 
ihr sterben, auch wenn ihr flieht. Richtet eure Augen ans mich! Ich 
schreite voran, wer mir nicht folgt, der ist des Todes." Die Schlacht 
war über die Maßelt hart und blutig. Schon durchbrachen die Hunnen 
das Mitteltreffen, und die Römer flohen; auch die Westgoten wichen, und 
ihr Köllig siel, indem er zu seinem Volke redete. Aber sein Tod ent¬ 
flammte die Seinen zur Wut, und des Kölligs Sohir warf durch gewaltigeil 
Angriff die Feinde in die Flucht. Bei einbrechender Nacht mußte Attila 
sich in feine Wagenburg zurückziehen. An 200 000 Tote und Verwundete 
deckten das Feld; das Milt floß in Bächen, nitb die Verwundeten tranken 
von dem Blute, um nicht vor Durst zu verschmachten. Da Attila nicht 
wußte, ob der Feind ihn verfolgen würde, ließ er unzählige Pferdesättel 
unb hölzerne Schilde zu einem Scheiterhaufen auftürmen, llm iin Notfälle 
ihn anzuzünden und in ben Flammen zu sterben. Zugleich gebot er, unl 
die Feinde abzuschrecken, mit Waffen, Posaunen, Schlachthörnern und 
Gesang die ganze Nacht Lärm zu machen, doch die Feiilde griffen ihn 
nicht an. Unter dem dichtesteil Haufen der Gefallenen suchten und fanben 
die Goten den Leichitam ihres Königs und hielten ihm auf beut Schlacht¬ 
felde ein feierliches Leichenbegängnis angesichts Attilas, der die Bestattung 
nicht zu stören wagte.
	        
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