Full text: [Teil 6 = 6. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 6 = 6. Schuljahr, [Schülerband])

der Taunus; man übersieht die Bergstraße beinahe ihrer ganzen Länge 
nach. Das vvn demselben Höhenkranze umschlossene Gelände ist ein 
großer, fruchtbarer, unendlich mannigfaltiger Garten, und in diesem 
Garten liegt Mainz, die altertümliche, ehrwürdige und doch so jugendlich 
emporstrebende Stadt mit dem roten Dome, der sich in den rasch flutenden 
Wellen des Rheins spiegelt, mit ihrem Hafen, der stets belebt ist und 
gastlich die vielen Hunderte von Segelschiffen und Dampfbooten anfnimmt, 
welche aus dem sruchtreichen Franken kornbeladen den gelben Main herab¬ 
schwimmen, oder vom Oberrhein und aus dem Niederlande die Waren 
aus fernen Ländern dem weiteren Verkehr überliefern. 
Ursprünglich war Mainz ein von den Römern erbautes, verschanztes 
Lager, dessen Grundmauern noch jetzt vorhanden sind. Um die Festung 
herum wurde im Fortgange der Zeit nach und nach die eigentliche Stadt 
angebaut. Alljährlich werden dem Schoße der Erde noch römische Alter¬ 
tümer entrissen, Münzen, Särge und Grabsteine, Altäre und Spangen, 
Thränenflaschen und Hausgerätschaften mannigfacher Art. Keine andere 
Gegend diesseits der Alpen ist so reich an Denkmälern aus der Zeit der 
Römer, die hier beinahe fünf Jahrhunderte lang herrschten. In der 
folgenden Zeit sah die Stadt in oder vor ihren Mauern nach einander 
Alemannen, Franken, Burgunder itnb Hunnen, welche die Mauern schleiften 
und Tausende von Einwohnern mordeten. Was noch übrig geblieben war, 
wurde später von Attila durch Feuer und Schwert verwüstet; der Glanz, 
welchen Mainz in der Römerzeit um sich verbreitet hatte, erlosch, und 
es war lange ein bloßer Trümmerhaufen. 
Die Spuren der Verwüstung schwanden nur allmählich. Die wich¬ 
tige Lage dieses Punktes und die reizende Gegend veranlaßten indes die 
fränkischen Könige, häufig in derselben zu verweilen. Sie bauten Paläste 
in Speier, Worms, Ingelheim und anderen rheinischen Städten. Auch 
Mainz wurde im Anfang des siebenten Jahrhunderts von König Dago¬ 
bert I., welchen man als den eigentlichen Gründer der jetzigen Stadt 
betrachten muß, wieder aufgebaut. 
Als das Frnnkenreich an die Karolinger fiel, begann für die Stadt 
ein neuer Zeitabschnitt. Karl der Große besuchte von Ingelheim aus 
häusig das neue, aufblühende Mainz, wo er Schulen anlegte und in 
denselben den Prüfungen der Zöglinge selbst beiwohnte. Er veranlaßte 
geschickte Handwerker aus allen Teilen des Reiches, sich in dieser Stadt 
niederzulassen, munterte den Handel auf und ließ eine Holzbrücke über 
den Rhein bauen, die auf fünfundzwanzig steinernen Pfeilern ruhte, aber 
leider bald ein Raub der Flammen wurde. 
In dem Vertrage von Verdun war Mainz Ludwig dem Deutschen 
zugefallen und blieb fortan beim deutschen Reiche. Die Erzbischöfe wußten
	        
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