der Taunus; man übersieht die Bergstraße beinahe ihrer ganzen Länge
nach. Das vvn demselben Höhenkranze umschlossene Gelände ist ein
großer, fruchtbarer, unendlich mannigfaltiger Garten, und in diesem
Garten liegt Mainz, die altertümliche, ehrwürdige und doch so jugendlich
emporstrebende Stadt mit dem roten Dome, der sich in den rasch flutenden
Wellen des Rheins spiegelt, mit ihrem Hafen, der stets belebt ist und
gastlich die vielen Hunderte von Segelschiffen und Dampfbooten anfnimmt,
welche aus dem sruchtreichen Franken kornbeladen den gelben Main herab¬
schwimmen, oder vom Oberrhein und aus dem Niederlande die Waren
aus fernen Ländern dem weiteren Verkehr überliefern.
Ursprünglich war Mainz ein von den Römern erbautes, verschanztes
Lager, dessen Grundmauern noch jetzt vorhanden sind. Um die Festung
herum wurde im Fortgange der Zeit nach und nach die eigentliche Stadt
angebaut. Alljährlich werden dem Schoße der Erde noch römische Alter¬
tümer entrissen, Münzen, Särge und Grabsteine, Altäre und Spangen,
Thränenflaschen und Hausgerätschaften mannigfacher Art. Keine andere
Gegend diesseits der Alpen ist so reich an Denkmälern aus der Zeit der
Römer, die hier beinahe fünf Jahrhunderte lang herrschten. In der
folgenden Zeit sah die Stadt in oder vor ihren Mauern nach einander
Alemannen, Franken, Burgunder itnb Hunnen, welche die Mauern schleiften
und Tausende von Einwohnern mordeten. Was noch übrig geblieben war,
wurde später von Attila durch Feuer und Schwert verwüstet; der Glanz,
welchen Mainz in der Römerzeit um sich verbreitet hatte, erlosch, und
es war lange ein bloßer Trümmerhaufen.
Die Spuren der Verwüstung schwanden nur allmählich. Die wich¬
tige Lage dieses Punktes und die reizende Gegend veranlaßten indes die
fränkischen Könige, häufig in derselben zu verweilen. Sie bauten Paläste
in Speier, Worms, Ingelheim und anderen rheinischen Städten. Auch
Mainz wurde im Anfang des siebenten Jahrhunderts von König Dago¬
bert I., welchen man als den eigentlichen Gründer der jetzigen Stadt
betrachten muß, wieder aufgebaut.
Als das Frnnkenreich an die Karolinger fiel, begann für die Stadt
ein neuer Zeitabschnitt. Karl der Große besuchte von Ingelheim aus
häusig das neue, aufblühende Mainz, wo er Schulen anlegte und in
denselben den Prüfungen der Zöglinge selbst beiwohnte. Er veranlaßte
geschickte Handwerker aus allen Teilen des Reiches, sich in dieser Stadt
niederzulassen, munterte den Handel auf und ließ eine Holzbrücke über
den Rhein bauen, die auf fünfundzwanzig steinernen Pfeilern ruhte, aber
leider bald ein Raub der Flammen wurde.
In dem Vertrage von Verdun war Mainz Ludwig dem Deutschen
zugefallen und blieb fortan beim deutschen Reiche. Die Erzbischöfe wußten