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porös, der Propontis und dem Hellespont Chalkedon und
Byzanz, Kyzikos, Abydos it. a.; in Makedonien und Thrakien
die vielen Kolonien der Chalkidike, wie Olynth, Addern, Potidäa n. a.
Im Westen gründete zunächst Korinth die Niederlassungen auf
Kerkyra als Station auf dem Weg nach Italien: die rasch er-
blühende Kolonie hat nach wenigen Jahrzehnten ihre Unabhängig-
keit gegen die neuen Dreiruderer (= Schiffe mit drei Ruderreihen)
der Mutterstadt erkämpft. In Italien soll schon im 11. Jahr¬
hundert Kyme, von dem später Neapel gegründet wurde, ent-
standen sein; später Rhegion, das üppige Sybaris, Kroton, Lokri,
Tarent und viele andere („Großgriechenland"). Fast noch zahl-
reicher waren die Kolonien auf Sizilien: Mesfana, Katana, Syrakus,
Gela und Akragas. Weiter im Westen finden wir nur einzelne
Niederlassungen, wie Massalia, die hoffnungsvolle Niederlassung der
Phökäer; selbst in Spanien einige wenige. Im Osten treffen wir
sie in Ägypten (Naukratis), und im nördlichen Afrika blühte das
von Doriern gegründete Kyreite.
3. Tie Einheit der Griechen. So wenig auch nur die Griechen
Griechenlands eine politische Einheit bildeten, so fühlten sich doch
alle Griechen als ein Volk, über die anderen Völker, die „Bar-
baren", hoch erhaben, verbunden durch „Blutsverwandtschaft oder
gemeinsame Abstammung, gemeinsame Sprache, Religion, Sitten
und Gebräuche."
a. Vor allem die Sprache und Literatur verband die Grie-
cheti. Zwar war die Sprache in mehrere Dialekte geschieden: 1) der
jonische (Homer, Hesiod, Herodot); 2) der attische, in dem die
Meisterwerke der Blütezeit der griechischen Literatur verfaßt sind;
3) der äolifche der lesbischen Dichter Alkäos und Sappho und
4) der dorische (Pindar und Theokrit). Aber diese Verschiedenheit
trennte nicht. Gleich die ersten großen Dichterwerke bildeten ein
gemeinsames Gut der Nation: die Jlias und die Odyssee des
Homer, unerreichte epische Dichtungen. Die Jlias erzählt Ereig-
nisse aus dem letzten Jahr des trojanischen Krieges, die Odyssee
die abenteuerliche Heimkehr des Odysseus.
Man hat zwar, zuerst der große Philolog Fr. Aug. Wolf (1795),
es für unmöglich erklärt, daß im 9. Jahrhundert, in dem man in Griechen¬
land noch kaum schrieb, fo umfassende Gedichte versaßt worden seien, und
K. Lachmann hat die homerischen Gesänge wie das Nibelungenlied in
eine Unzahl Lieder aufgelöst. Doch ist mehr und mehr die Ansicht durch¬
gedrungen, daß der Kern der Jlias das Werk eines Dichters sei, der
den Zorn des Achilleus besang, wenn auch im Lauf der Zeit mancherlei
erweiternde Bestandteile dazu kamen, dies um so mehr, da die Lieder
noch lange durch die Dichter und später durch die Sänger (Rhapsoden) in
der Hauptsache mündlich fortgepflanzt wurden. In der jüngeren Odyssee
scheinen mehrere Epen zusammengefügt. Es fehlt aber nicht an Forschern,
welche wenigstens die Jlias im ganzen einem einzigen großen Dichter