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prüfen Trauben und Most. An den fahrbaren Wegen stehen große Bottiche,
in die der Inhalt der sogenannten Legel entleert wird. Letzteres sind unten
spitz zulaufende, oben breitere Holzbütten, die an zwei festen Cederriemen
auf dem Rücken getragen werden und neunzig bis hundert Pfund Trauben
fassen. Je nach der Ortlichkeit werden diese schweren Casten auch häufig
bis hinunter ins Kelterhaus geschleppt. Vorher bearbeitet der Träger mit
zwei Mostkolben im Legel selbst die ganze Traubenmasse. Es bildet sich
eine braungelbe und dunkelrote, nichts weniger als klare Brühe, die dann
in die Bottiche geschüttet wird. An einzelnen Stellen werden die Trauben
auch, statt in den Legeln bearbeitet zu werden, in einem großen Bottich
von Winzern mit hüfthohen Stiefeln getreten und geknetet. Da die Most—
brühe nicht lange in den Bütten mit den Trauben zusammenstehen darf,
sondern sofort vollständig bearbeitet sein will, so geschieht das Geschäft des
eigentlichen Kelterns häufig des Nachts. Die schweren Balken der Kelter
treiben den Rebensaft bis auf den letzten Rest aus den Beeren heraus.
Einladend sieht der junge Most, der nun in großen Fässern in den Keller
gebracht wird, nicht aus. Bis derselbe als goldheller oder dunkelroter Wein
auf unsern Tisch kommt, hat er noch verschiedene Gärungs- und Währungs⸗
prozesse durchzumachen.
6. Gegen Abend ertönen vom rechten Rheinufer Flintenschüsse hinüber
zum Zeichen, daß das Lesegeschäft für heute beendet ist. Die Weingärten
bleiben die Nacht über, vom „Wingertschuß“ bewacht, geschlossen. Auf der
linken Rheinseite wird zur Offnung der Weingärten morgens sieben Uhr und
zum Schluß abends etwa sechs Uhr das Zeichen mit den Kirchenglocken ge—
geben. Schüsse und Glockenschläge mischen sich mit dem Jauchzen der heim—
kehrenden Winzer, das Echo dieses Lebens und Webens hallt in den Bergen
wider; über uns steigen Raketen auf, und bengalisches Feuer beleuchtet
unsern Heimweg.
„Er kommt zur Welt auf sonnigem Stein,
hoch über dem Rhein, hoch über dem Rhein,
und wie er geboren, da jauchzt überall
im Lande Trompeten- und Paukenschall;
da wehen mit lustigen Flügeln
die Fahnen von Buürgen und Hügeln.“
Wilhelm Heinrich Riehl.
208. Biärgmannsliäben un Biärgmannsdaud.
Westfälische Mundart.
. De Doktor Assum mook! sik up'n Weg nah sin Hus. Ower
en Feldpadd?, de up den Weg togonk?, sog‘ he en Biärgmann met
sine brennende Lampe herankuemen. „Etwas Beleuchtung kann
nicht schaden,“ sagg he un wachtede up den Mann. „Will Er zur
Zeche?“ frogg he. Et was en ollen Knappen. Sin Gesicht harr
al viel Schrumpeln?, sine Bost' pipte vör Benaudigkeit'. Dat harrn
machte. Feldpfad. zuging. sah er. dFalten. Brust. ? benaud
S schwer atmend, Benaudigkeit also soviel wie „Ästhma, Schweratmigkein.