Full text: (Für das 6., 7. und 8. Schuljahr) (Teil 3, [Schülerband])

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Kraft seiner Stimme fuhr ihnen in die Arme; das Boot ging fort, 
und durch den Kamm der Brandung schoß es auf und nieder 
schwebend hindurch, gleichsam Schritt für Schritt sich die Bahn er— 
kämpfend. Schräg auf sie heran flog das unglückliche Fahrzeug, 
dem sie Hilfe brachten. Man sah die beiden Männer, die darin 
ruderten; doch mit erschreckender Schnelligkeit trieb jetzt das zu leichte 
Boot vor der See daher. Sie preßte den Bug tief ins hohle Wasser, 
während der Kamm der Woge das Hinterteil vorwärtsjagte; eine 
Weile hielt das führerlos werdende Fahrzeug diesen Tanz noch aus; 
dann verschwand der Bug völlig unter der Flut, das Heck stieg 
himmelan empor, und das vornüber umschlagende Boot, seine 
Ruderer unter sich begrabend, den Kiel nach oben, lag besiegt unter 
der Welle, die triumphierend über ihn dahinfuhr. 
10. „Ans Steuer, ans Steuer!“ rief der Lotsenkommandeur seinen 
Leuten zu, riß sich den Rock von den Schultern, die Schuhe von den 
Füßen und sprang über Bord. Einer der beiden Begrabenen — 
den anderen sah man nicht wieder — kam nach einer Weile nahe 
beim Rettungsboot noch einmal an die Oberfläche empor, suchte einen 
Hilferuf hervorzustoßen, den der Wogenschaum vor seinen Lippen 
erstickte, und sank dann wehrlos in die Tiefe zurück. Der Cotsen— 
kommandeur schwamm der Stelle zu, wo er verschwunden war, und 
tauchte nieder. Mit der hinabgreifenden Hand faßte er das dichte 
Haar des Ertrinkenden, hob sich dann mit der anderen Hand und 
den Füßen an die Cuft empor, den Mann hinter sich her ziehend, 
warf ihn auf den Rücken, mit einem plötzlichen Buck, um ihn über 
Wasser zu halten, warf sich dann selber auf den Rücken herum, und 
nun, den Kopf des anderen sich auf die Brust legend, ihn mit beiden 
Händen an den Haaren haltend, schwamm er dem Rettungsboot zu. 
Ein Dutzend Wellen fuhren noch unter und über ihm hinweg; dann 
sah er einen Remen, ein Paar sich ausstreckende Arme und das ernst— 
haft lachende Gesicht des Johann Jakob Evers über seinen Augen; 
dann ergriff er den Remen und zog seinen Mann, den die Linke fest— 
hielt, mit sich zum Bord hinauf. 
U. „Wo ist der andere ?“ fragte er, noch nach Atem ringend 
und das Salzwasser von sich wegblasend, als er im Boot neben einem 
der Cuftkasten saß. Johann Jakob Evers zuckte stumm mit den Achseln; 
die anderen deuleten auf das umgeschlagene Fahrzeug, das dahin— 
trieb wie ein toter Fisch, und auf die grauschwarze Tiefe. Hm!“ 
murmelte der Lotsenkommandeur und seufzte. „Der da rührt sich 
auch nicht,“ sagte er dann, wieder am Heck sitzend und, naß wie 
ein Meergott, gegen das Ufer steuernd. „Legt ihn aufs Gesicht; einen 
Arm unter die Stirn! — Die Kleider herunter; warme Decken... 
Will er noch nicht atmen ) Auf die Seite legen; kitzelt ihm die Kehle; 
Schnupftabak in die Nasenlöcher. . . Oho! Mit allen Remen strei⸗ 
chen! Wir drehen ja beil — Werft die Schlepper aus! — Jungens, 
vorwärts, vorwärts!“ Adolf Wilbrandt. 
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