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und reibt ihm ohne Umstände seine kreideweißsze Nase mit Schnee
ein. Mit den Augen hat man ebenfalls viel zu tun, weil sie
alle Augenblicke zusammenfrieren. Man tappt dann in die erste
beste Haustüre hinein und bittet die CLeute auf ein paar Augen⸗
blicke um ein Plätzchen am Ofen, indem man hinterher eine be⸗
taute Träne des Dankes dafür vergiefzt.
Die russischen Ofen sind in ihrer Art das Vollkommenste, was
Menschen erdacht haben. Sie sind aus Racheln gebaut, und der
Feuerzug windet sich in ihnen so vielfach auf und ab, dasßz die
Hhitze oft einen Weg von 30 m Länge und mehr darin machen
musz, ehe sie in den Schornstein entlassen wird. Die russischen
Ofenheizer sind sehr geschickt in allen bei der Heizart notwendigen
Verrichtungen. In jedem großen Hhause gibt es einen oder ein
yaar Ofenheizer, die den ganzen Tag nichts weiter zu tun haben,
als die Ofen zu versehen. Damit die herren des Morgens beim
Kaffee die Zimmer warm finden, müssen jene alten dienenden
Geister ihre Arbeit bereits in der Nacht beginnen. Man kann
sich denken, welche wichtige Rolle der Ofen auch in den Häusern
der gemeinen Russen spielt. Er ist hier eine zu einer außzer⸗
ordentlichen Größe gediehene Maschine, die zugleich als Roch⸗,
heiz ⸗ und Backapparat dient. Rund herum laufen Bänke zum
Genießen der Wärme, und es sind viele kleine Vertiefungen und
Cöcher in ihm angebracht, um tausenderlei Dinge in ihm zu
trocknen, und nasse Strümpfe und Kleider hängen immer daran.
Nicht wenig zum Zusammenhalten der Zimmerwärme tragen
die doppelten Fenster bei, die in Petersburg wie in ganz Rußzland
üblich sind. Kaum tritt im Okltober der erste starke Frost ein, so
rüstet man das ganze Haus zu, verpicht alle kleinsten Offnungen
und setzt überall doppelte Fenster ein, deren Fugen mit Papier
überklebt werden. Fast jeder Bauer hat Doppelfenster. Auch die
Türen bleiben nicht hinter den Fenstern zurück. Man findet
nicht nur doppelte, sondern zuweilen auch drei⸗, selbst vierfache.
Das unmäßige Branntweintrinken vergrößert die Gefahr der
Kälte sehr; denn Trunkenheit und Schlaf sind beim Froste das
Allergefährlichste. Da nun jeder eintretende Frost eine Menge
Trunkener und Schlafender auf den Straßen findet, so kann man
sich denken, daßßz der Opfer nicht wenige sind. Ihre Zahl
wird durch die Rücksichtslosigkeit der Vornehmen noch vermehrt.
Es ist unglaublich, was man den armen Vorreitern, Dienern und
Kutschern zumutet. Bei Besuchen läßt man sie, sei es auch das