Full text: [Stufe 3, [Schülerband]] ([Stufe 3, [Schülerband]])

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kreuden, wohl kelne Hoffnung kommender Fruhlingsschönhest durchzieht 
und würzt den Schlaf. 
Wenn aber dann kommt, der noeh immer gekommen Ist, dor ewlg 
treus Lenz mit selnem Auferstehungsrufe, dann regt es slch auch in den 
RPGöhlen und Klülften der Winterschläfer. Schon früh im Frülhjahr, manch- 
mal schon itte NMärz, zient die kreuzotter den trägen körper ins 
Frelie. Wie wohltuend die Sonnenwärme ihren gliederlosen Lesb dureh- 
waärmt! Aber noch sind die Tage zu kurz, noch ist die Nahrung zu 
selten, der Körper zu steif, um hier oben ein neues Dasein beginnen zu 
Lönnen. Erst im Mal und Juni beginnt das eigentllche Schlaraffenleben 
dieser Tiere. · — 
Pfingsten ist dal An einem Sonntagmorgen lenken wir unsere 
sSchritte zum verjüngten Walde. UÜberall vernehmen wir frohes Leben; 
Gesang und Freude herrscht allenthalben. in der gehobensten Stimmung 
durchschreiten wir die gotischen Hallen der Buchen, die in shrem 
satten, maigrunen Laube etwas Feierliches zur Schau tragen. In allen 
Zzweigen regt sieh fröhliches Treiben. Der Wald scheint in einen grohen 
Kkonzertsaal umgewandelt zu sein. Das zwitschert, singt, flötet, jubi- 
liert! limmer neue Töne schlagen an unser Ohr, und dem kundigen 
klingt jeder neus Gesang als ein Grub altbekannter Vöglein, die jotzt 
aus fernen Landen zur Heimat zurckgekehrt sind. Wir verlassen den 
HRPochwald. Zu unserer Rechten dehnt sich zum Talgrunde eine Laub- 
holzschonung aus, die je nach der Baumart die verschiedensten Schat- 
tierungen des Grünen zur Schau trägt, für die Sprache zu mannigfaltig, 
um Namen zu finden, für das Auge eine wahre Erholung und Star- 
kung, für das Gemüt die Sprache des Schöpfers in grünen Lettern. Ihr 
gegenüber zieht sich auf sandigem Höhenzuge ein kiefernbestand, in 
seinem dunklen, einfachen Gewande ein schroffer Gegensatz zu dem 
jubilierenden, fruhlingstrunkenen Laubwalde. Da schrecken wir plötzlich 
zusammen. Tschschseh, tsehschsch zischt es, durch kurze Pausen unter- 
prochen, uns an. Vor uns am Boden liegt jenes unangenehme Gewürm, 
die Kreuzotter. Dreist und freen ruht sie zusammengerollt auf dem 
welehen Rasen des Waldmooses. Ihr Körper ist unbeweglich, nur dey 
kKopf wiegt siech vor- und rückwarts, und das glasige, fast unbeweg- 
liche Auge starrt uns tüekisch und boshaft an. Aus der sehmalen, senk- 
rechten Pupille leuchtet ordentlich die innere Erregung hervor. Immer 
gohneller stöbt das unheimliche Tier die gespaltene Zunge aus der LUcke 
der Lippen des geschlossenen Haules hervor. Es scheint sehr träge zu 
sein; denn nur langsam windet sieh jetzt der beschuppte, glatte Leib 
von der Stelle. Gerade hat sich der Kopf des Tieres in ein Nause· 
Georg Eckertnatn 
iur internadnale 
Scehusbuchforaschund 
braunseo 
Schult 48 blloth.
	        
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