Full text: Deutsches Lesebuch für Bürgerschulen (Teil 3 = 6., 7. u. 8. Schulj., [Schülerbd.])

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eiligst fliehen mußten. Da wollte der Meister ihn gern los sein. Er 
schickte ihn daher tief in den Wald, um Kohlen für die Schmiede zu 
holen. Auf diesem Wege mußte er bei dem Lindwurm vorbei, einem 
furchtbaren Drachen, der jeden auffraß, der in seine Nähe kam. Der 
Schmied hoffte, der werde ihn von dem mutwilligen Knaben befreien. 
Aber Siegfried fürchtete sich nicht; mutig ging er auf das Untier los 
und tötete es. Als er noch weiter in den Wald kam, wimmelte es von 
Drachen und Schlangen. Siegfried aber warf Reisig und Holz auf 
sie, zündete alles an und verbrannte die Tiere. Mit Staunen sah er, 
daß ihre Hornhaut schmolz. Nun badete er sich in dem Drachenblnt, 
wodurch sein ganzer Leib mit einer Hornhaut überzogen wurde, so daß 
kein Speer, kein Pfeil, kein Schwert ihn verwunden konnte. Nur eine 
einzige Stelle an der Schulter blieb von dem Drachenblnt unberührt, 
weil ein Lindenblatt darauf gefallen war. 
Als ans dem Knaben ein Jüngling geworden war, verrichtete er 
viele kühne Taten ^denn er war riesenstark und von hohem Mute. Einst 
kam er zu den Königssöhnen Schilbung und Nibelung, die eben den 
Schatz ihres Vaters teilen wollten. Dieser Schatz war so groß, daß 
ihn hundert Wagen nicht fortführen konnten. Siegfried teilte denselben 
und erhielt zum Lohne dafür ein starkes Schwert, Balmung genannt. 
Allein da sie mit der Teilung des Schatzes nicht zufrieden waren, über¬ 
fielen ihn die Könige mit mehr als hundert starken Necken. Alle aber 
überwand und tötete er. Nun war da ein Zwerg von gewaltiger Kraft 
mit Namen Alberich, der besaß die Tarnkappe, die denjenigen un¬ 
sichtbar machte, der sie trug. Alberich, seinen Herren treu ergeben, wollte 
ihren Tod rächen; allein so stark er war, er mußte doch der Kraft Sieg- 
frieds erliegen. Aber dieser schenkte ihm das Leben; dafür mußte er 
geloben, den Nibelungenhort treu zu bewachen. So hatte der starke 
Siegfried ein mächtiges Schwert, einen unermeßlichen Schatz, das Land 
der Nibelungen und die Tarnkappe erworben. Nun kehrte er zu seinem 
Vater Siegmund zurück. Derselbe veranstaltete ein großes Fest, an 
dem Siegfried und viele andre junge Helven mit dem Ritterschwert 
umgürtet wurden. Der König aber verlieh dem tapfern Sohne sein 
Land mit allen seinen Burgen. Dieser hatte nun die Wildheit seiner 
Jugend abgelegt und wurde ein edler Held, dessen Ruhm durch alle 
Lande erscholl. 
K ri e m h i l d. In dem Lande der Burgnnden, zu Worms am Rhein, 
wuchs eine Königstochter auf mit Namen Kriemhild. Sie war nicht 
allein schön, sondern auch wegen ihrer Tugenden bei allen Frauen be- 
liebt. Sie wohnte bei ihren Brüdern Günther, Gernot und Giesel-
	        
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