Full text: Deutsches Lesebuch ([Teil 1, [Schülerbd.]])

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81. Der Wolf und der Fuchs. 
vis Brüder (Jakob und Wilhelm) Grimm. 
Kinder- und Hausmärchen. Große Ausgabo. 10. Auflage. Berlin. 1872. 8. 298. 
(I. Band. 1. Auflage. Berlin. 1812. II. Band. 1815.) 
1. Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf 
wollte, das nmßte der Fuchs thun, weil er der schwächste war, und 
der Fuchs wär' gerne des Herrn los gewesen. Es trug sich zu, daß 
sie beide durch den Wald gingen, da sprach der Wolf: „Rotfuchs, 
schaff' mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf!" Da 
antwortete der Fuchs: „Ich weiß einen Bauernhof, wo ein paar 
junge Lämmlein sind; hast du Lust, so wollen wir eins holen." 
Dem Wolfe war das recht, sie gingen hin, und der Fuchs stahl das 
Lämmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es 
der Wolf auf, war aber damit noch nicht zufrieden, sondern wollte 
das andere dazu haben und ging, es zu holen. Weil er es aber so 
ungeschickt machte, ward es die Mutter des Länunleins gewahr und 
fing an, entsetzlich zu schreien und zu bläen, daß die Bauern herbei 
gelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf und schlugen ihn so 
erbärnckich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. „Du 
hast mich schön angeführt," sprach er, „ich wollte das andere 
Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und haben mich 
weich geschlagen." Der Fuchs antwortete: „Wärmn bist du so ein 
Nimmersatt!" 
2. Am andern Tage gingen sie wieder ins Feld, da sprach der 
gierige Wolf abermals: „Rotfuchs, schaff' mir was zu fressen, oder 
ich fresse dich selber auf!" Da antwortete der Fuchs: „Ich weiß ein 
Bauernhaus, da bückt die Frau heut abend Pfannkuchen, wir 
wollen uns davon holen." Sie gingen hin, und der Fuchs schlich 
ums Haus herum, guckte und schnupperte so lange, bis er ausfindig 
machte, wo die Schüssel stand, zog dann sechs Pfannkuchen herab 
und brachte sie dem Wolfe. „Da hast du zu fressen," sprach er zu 
ihm und ging seiner Wege. Der Wolf hatte die Pfannkuchen in 
einem Augenblicke hinuntergeschluckt und sprach: „Sie schmecken nach 
mehr," ging hin und riß geradezu die ganze Schüssel herunter, daß 
sie in Stücke zersprang. Da gab's einen gewaltigen Lärm, daß die 
Frau herauskam, und als sie den Wolf sah, rief sie die Leute, die 
eilten herbei und schlugen ihn, was Zeug wollte hallen, daß er mit 
zwei lahmen Beinen laut heulend zum Fuchs in den Wald hinauskam.
	        
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