Full text: Von der germanischen Urzeit bis zur Französischen Revolution (Teil 1)

Die französische Revolution. 171 
weile wurde der Krieg gegen Deutschland unternommen, der daraus 
entsprang, daß die Franzosen ihre politischen Neuerungen auch ins Elsaß 
einführen wollten, denen sich die deutschen Fürsten, die im Elsaß ihre Be¬ 
rechtigungen hatten, unter Berufung an das Reich widersetzten. Anfangs 
richteten die deutschen Alliierten mit ihren geringen aufgebotenen Kräften 
nichts aus; später aber verstärkten sie sich und bedrohten Frankreich ernst¬ 
lich, und es entwickelte sich nun dort infolgedessen die Partei des Schrek- 
kens, welche alles nivellierte und die Religion der Vernunft dekretierte. 
Das Abenteuerlichste wurde als Gottheit des Tages begrüßt; wer im 
mindesten den herrschenden Doktrinen abhold schien, ward verdächtig, und 
der bloße Verdacht führte zur Guillotine. Die größten Phantasten, die 
den Staat durch den Gang dieser Dinge erobert hatten, diejenigen, welche 
die herrschenden Ideen am stärksten und wildesten repräsentierten, wur¬ 
den die Meister. Der Schrecken aber hatte wenigstens die Folge, daß 
alles, was der Herrschaft des wilden Haufens entfliehen konnte, an die 
Grenze eilte und sich dort wütend mit den auswärtigen Feinden Frank¬ 
reichs herumschlug, so daß an eine Restauration der Bourbonen nicht zu 
denken war. 
Gespräch. 
König Max. Worin hat wohl Ludwig XVI. hauptsächlich gefehlt? 
Rauke. Die Fehler Ludwigs XVI. waren keine Fehler des Her¬ 
zens, seine Intention war rein, er wollte keine Freiheit schwächen, er 
wollte vielmehr der Nation Rechte geben. Seine politischen Fehler aber 
waren ungeheuer: 1. daß er die Parlamente wiederherstellte; 2. daß er 
sich in den amerikanischen Krieg stürzte; 3. daß er seiner Gemahlin einen 
so großen Einfluß, namentlich auf Besetzung der Ministerstellen, ließ; 
4. daß er so weit ging, den dritten Stand zu verdoppeln, und als diese 
Macht da war und ihm über den Kopf zu wachsen schien, davor erschrak 
und sich gegen sie wendete. 
K. M. Mußte denn nicht Ludwig XVI. wegen der irrt Lande herr¬ 
schenden Finanznot eine Repräsentation des Volkes einführen? 
R. Er war nicht sowohl darin zu tadeln, daß er die Parlamente be¬ 
rief, als daß er sogleich anfangen wollte, zu reformieren. Ferner hätte 
er nicht das Publikum auffordern sollen, seine Meinung über die Verfas¬ 
sungsrevision abzugeben. Endlich hätte er das doublement du tiers-etat 
gehörig organisieren sollen, ehe er mit dieser Maßregel vor die General- 
stände trat. Etwas mußte allerdings geschehen, aber von einem monar¬ 
chischen Gesichtspunkte aus in mehr geschästsmännischer Weise. 
K. M. Wäre es Ludwig XVI. möglich gewesen, fortzuregieren, 
wenn er eine monarchische Verfassung gegeben hätte? 
R. Dann hätte er die Stände niemals berufen und wenigstens die 
Verdoppelung des dritten Standes beruhen lassen müssen; sein Haupt-
	        
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