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suchen sich einen bequemen Ort zur Grabesstätte auf. Ihr Sterbekleid
verfertigen sie sich auf eigene Weise: den ersten Tag bringen sie damit
zu, das äußere, weitläufige, unordentliche Gewebe, welches uns die Florett—
seide giebt, an dem auserwählten Ort zu befestigen; am folgenden Tage
spinnen sie den schönen, bis 300 Meter langen, äußerst feinen Faden;
zuletzt weben sie eine länglichrunde Hülle, die, einem häutigen Filze ähn—
lich, sie gegen alle Einflusse der Luft und Witterung schützt. Die ganze
Arbeit dauert 7 bis 8 Tage. Ist endlich auch der Puppenstand, in
dem sie 2 bis 3 Wochen verharren, beendigt, so schlüpft der vollkommene
Kerf durch ein kleines, rundes Loch, das er sich wahrscheinlich mit Hülfe
eines ätzenden Saftes bohrt, ins Freie hinaus. Derselbe erreicht etwa
die Länge von 2 em und trägt schmutzigweiße, mit drei blaßbraunen
Streifen und einem mondförmigen, oft kaum bemerkbaren Flecke versehene
Flügel. J. G. Zischer.
353. Der ölbaum.
Ein segensreicher und wichtiger Baum ist für das sũdliche Europa
der Olbaum. In Süd-Frankreich, in Spanien, Italien und Griechen-
land leben ganze Gegenden fast ausschlieblich vom Ertrage des-
selben. MWie unsere Kirschen- und Pflaumenbäume sich freundlich
zu unseren Wohnungen gesellen, ist in jenen warmen Ländern der
Olbaum ein lieber Genosse auch der ärmsten Hütte; aber an den
felsigen Abhängen und in den Weitungen der Berge bildet der
ölbaum ganze Wälder, die von der breitblãttrigen Feige freund-
lich umsäumt werden. Freilich kann sich das Laub des Olbaums
nicht mit dem des Feigenbaumes messen; denn die schmalen, weiden-
artigen Blätter sind mehr grau als grün. Die dünnen, schmalen
Zweige sind auch nicht sehr schön und fahren unregelmäbhig nach
allen Seiten in die Luft hinein. Die Stämme sind meist ärumm,
knorrig und zerspalten, als wären sie vom Blitze getroffen. Aber
dafür wohnt in dem segensreichen Baume unverwüstliche Kraft;
das Feuer kann ihn verzehren bis zur Wurzel, und es treibt diese
doch wieder ihre frischen Sprossen, und bald ist ein neuer Baum
erwachsen. In einem trockenen, steinigen Boden geraten die
Früchte am besten, wie schon Hiob sang: „Die Felsen gossen mir
Olbäche.“ Eben darum ist der Baum für jene trockenen und
warmen Länder, deren Berge eine fette Erdrinde mangelt, ein s0
unschätzbarer WMohlthäter.
Die weiben Blüten kommen an den Flügeln der Blätter in
kleinen Büscheln hervor und bringen eine länglich runde Frucht,
die Olive, welche einen harten Stein enthält. Die Gröbe der
Oliven ist verschieden; einige gleichen den Kornelkirschen, andere
Verden so grob wie unsere Pflaumen, nämlich die spanischen Oliven.
Ihre Farbe spielt vom helleren Grün ins Schwarzgrüne, auch wohl
ins Sehwarzrote; das Fleisch ist schwammig und hat einen bitteren,
viderlichen Geschmack, daher man sie roh gar nicht geniehen
kann. Wohl aber macht man die Oliven ein, besonders üe abge-
fallenen und unreifen, indem man sie 24 Stunden lang in eme