Sprüche u«6 Sprichwörter.
44. Eine Hand wäscht die andere. W. o. von Horn.
„Eine Hand wäscht die andere", sagt man wohl, wenn ein Schelm
dem andern durchhilft, und mancher unehrliche Mensch sagt's einem
andern, dem er einen kleinen Gefallen getan hat. — Pfui! so meint's
das Sprichwort nicht-
Denkt einmal nach:
Wenn ihr euch die Hände wascht, so wird, wenn ihr auch die eine
nach allen Ecken im Wasser herumschlenkert, sie dennoch nicht rein; die
andere muß wischen und waschen helfen, dann geht's. Was lehrt euch
das? — Nun: Einer, der allein steht, ohne den treuen Beistand seiner
Nachbarn und Freunde, bringt nichts fertig. Wenn aber diese sagen:
„Wart, Nachbar, ich komme und helfe!" dann wäscht eine Hand die
andere. Wenn nun aber der Nachbar deiner Hilfe bedarf? Ei nun, dann
muß wieder deine Hand der seinen waschen helfen, und es geht rein und
herrlich ab. Verstanden?
Der liebe Gott will, daß wir einander unter¬
stützen und einander helfen und dienen sollen mit
der Gabe, die wir empfangen.haben. So soll eine Hand
die andere waschen.
45. Wo nichts ist, kommt nichts hin. — Was nicht ist,
kaNN tUCtbCtt. Johann peler Hebel.
Das sind zwei Sprichwörter, und die sind beide wahr, wenn sie
schon einander widersprechen. Von zwei unbemittelten Brüdern hatte
der eine keine Lust und keinen Mut, etwas zu erwerben, weil ihm das
Geld nicht zu den Fenstern hineinregnete. Er sagte immer: „W o
nichts ist, kommt nichts hin." Und so war es auch. Er blieb
sein Leben lang der arme Bruder W o n i ch t s i st, weil es ihm nie
der Mühe wert war, mit einer kleinen Ersparnis den Anfang zu machen,
um nach und nach zu einem größeren Vermögen zu kommen.
So dachte der jüngere Bruder nicht. Der pflegte zu sagen: „W a s
nicht ist, das kann werden." Er hielt das wenige, was ihm
von der Verlassenschaft der Eltern zuteil geworden war, zu Rate und
vermehrte es nach und nach durch eigene Ersparnis, indem er fleißig
arbeitete und eingezogen lebte. Anfänglich ging es hart und langsam;