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da er ja nun mit Recht sagen könne, er habe das geborgte
Geld dem Gläubiger wieder in die Hand gegeben. Es folgte
jedoch die Strafe auf dem Fusse. Beim Fallen über den
Stock zerbrach er sich das rechte und das linke Bein, und so
musste er fortan auf Krücken durchs Leben hinken, und wo
man ihn sah, da rief man ihm nach: „Da geht der Meineidige,
den Gott gerichtet hat!“ Der ehrliche Gläubiger sammelte
seine Goldgulden und trug sie heim; den zerbrochenen Stock
aber verwahrte man zum ewigen Andenken an dieses Gottes¬
gericht auf dem Rathause. „Irret euch nicht, Gott lässt sich
nicht spotten.“
11. Smmtag.
Löwenstein.
Es tönet über das weite Feld
ein liebliches Frühgeläute —
wie ist so ruhig heut' die Welt,
so sonnig und wonnig heute!
Die Hirten neben der Herde ruhn,
die Herden ruhn auf der Weide;
die Bauern ziehen zur Kirche nun
im stattlichen Sonntagskleide.
Es schimmert der Tau im grünen Plan
wie Perlen auf schimmernder Seide,
als hätte die Flur auch angethan
sonntägliches Festgeschmeide.
Es ist, als sängen die Vögel auch
heut' schöner als andere Tage,
als dufteten heut' mit stärkerem Hauch
die Blumen in Feld und Hage.
Und Orgelklänge tönen von fern,
von Morgenlüften gehoben,
und alles betet: Wir loben den Herrn
und wollen ihn ewig loben!
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