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Doch welch ein Lärm und Getöse erfüllt urplötzlich den Forst?
Das Eichkätzchen klinkt sich am Aste fest; der Fuchs springt in seinen
Bau hinein, der Hase duckt sich und spitzt die Ohren; das scheue Reh
sucht das Weite; der Hirsch verbirgt sich im Dickicht; Schwan, Ente
und Schnepfe flüchten sich ins Rohr. Wohl ist es ein entsetzliches Ge¬
räusch, das den ganzen Wald durchdringt, ein Geklapper und Gekläff,
zwischendurch der Knall einer Büchse; eine Jagd schreckt alles Getier-
aus der Ruhe auf. Nachdem schon vorher in aller Stille zahlreiche
Krammetsvögel aus den Dohnen abgelöst sind, hat die Treibjagd be¬
gonnen. Aufgeschreckt aus ihrem Lager, stürzen die Hasen hervor;
Schüsse fallen, Hunde springen hinzu, und das erlegte Wild belastet die
Taschen der Jäger. Vorwärts tobt die wilde Jagd! Am Rande des
Waldes fliegt eine Kette Rebhühner auf; es knattert, und ein halbes
Dutzend Vögel sinkt zu Boden. Die Schnepfen, Enten und Schwäne
auf dem Waldteiche indes retten Leib und Leben; denn bei Annäherung
des Getöses sind sie aus dem Schilfe auf- und davongeflogen. Der
Lärm zieht sich in die Ferne und verhallt; bald beginnt der Specht
schnarrend wieder die Bäume auf- und abzusuchen, auch Fink, Zaun¬
könig und Rotkehlchen wagen sich schüchtern neu hervor, und die Todes¬
gedanken, welche die fallenden Blätter, die erlegten Tiere dem einsamen
Wanderer erregten, sie schwinden vor dem Bewußtsein, daß Gott es
ist, der die Welt in seiner starken Hand trägt, und daß Gott, der
auch den herbstlichen Wald so schön geschmückt hat, ein Gott des
Lebens ist.
IV.
Der Wald im Winter.
Ein dichter Nebel deckt die stille Welt; die Natur hat sich in ihr
Schneegewand gehüllt, und der Rauhfrost hängt an allen Zweigen und
Zweiglein. Welch einen Anblick bietet der Wald jetzt dar! Der sonst
ruhelose Bach ist erstarrt gleich dem dunkeln See; alles ist öde und
verlassen. Nur in der Ferne kracht eine stürzende Eiche, Föhre oder
Tanne, die unter der Axt der Waldarbeiter fällt; etwas näher klopft
einförmig ein Specht; Raben und Falken kreischen nach Speise, Schnee¬
gänse fliegen schreiend durch die rauhe Luft, aus dem Tannendickicht
heult eine Eule, und dann und wann bricht das Wild knarrend durch
das Gesträuch. Alles, was Farbe hat, selbst Epheu und Immergrün,
Wachholder, Fichte und Tanne bedeckt ein einförmiges Weiß. Jetzt
aber zerteilt die Dezembersonne den Nebel, und ihre schrägen Strahlen
verwandeln das Bild wie durch einen Zauberschlag. Mit Millionen
Krystallen sind die Stämme, Äste und Zweige übersäet; alle die alten
Gesellen des Waldes stehen so weiß, glänzend und starr da, als wären
sie von der Hand des Künstlers aus Alabaster gemeißelt.
Jetzt bewegt der Wind die Äste, und anmutig erklingt es wie feine
Silberglocken; die gefrorenen Eiszapfen sind es, die sich leise berühren,
und von denen manche tönend zur Erde fallen. Wahrlich, an ein