Full text: Mit einer Einleitung, Übersicht der Satz- und Interpunktionslehre und Tabelle der Präpositionen (Teil 4 = 6. Schulj. (Quarta), [Schülerbd.])

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dete sich mit furchtbarer Kälte; das Metall klebte an ihre Finger wie 
Vogelleim; wenn sie sich der schneidenden Luft aussetzten, erhob sich die 
unbedeckte Haut in Blasen, und wenn die Notwendigkeit sie zwang, Schnee 
oder Wasser zu holen, kehrten sie wund und zerschlagen zurück. 
Ne am 3. Februar die Sonne wieder erschien, und die höchsten 
Bergspitzen beleuchtete, war es ihnen, als ob der Anblick sie vom Tode zu 
neuem Leben erweckte. Zur Vermehrung ihrer fröhlichen Stimmung 
sahen sie zwei Bären auf dem Eise, von welchen sie einen glücklich er— 
legten. 
Anfangs März gingen ihre Vorräte auf die Neige, doch nun kamen 
auch die Eisbären häufiger zum Vorschein und verschafften ihnen genug⸗ 
same Nahrung. Bald meldeten sich auch die Zugvögel; die Füchse krochen 
aus ihren Höhlen, und manche dieser Tiere wurden in Fallen gefangen. 
Am 21. Mai brach die Eisdecke auf dem Meer, und den folgenden 
Tag war schon die halbe Bucht gesäubert. Es erhob sich nun ein starker 
Wind, und die kleine Gesellschaft suchte den Schutz ihrer Hütte. Dort 
saßen sie gemütlich am Feuer unter Erzählungen vom überstandenen Winter 
und der baldigen Erlösung, — als plötzlich ein lautes englisches „halloo 
boys erschallte. Schnell sprangen sie auf und ins Freie; — kaum trauten 
sie ihren Augen, denn es begrüßten sie ihre Freunde, und das wohl be— 
kannle Schiff lag ruhig auf dem Busen des Fjords. So trafen die braven 
Leute, nach zehnmonatlichem Aufenthalt unter dem 17. Breitegrade, in 
frischer Gesundheit glücklich wieder mit den Ihrigen zusammen. 
Da die Möglichkeit, auf Spitzbergen zu überwintern, nun außer 
Zweifel gesetzt war, entschloß sich bald darauf eine Gesellschaft von sieben Hol⸗ 
ndern, das unfreiwillige Beispiel der Engländer freiwillig nachzuahmen 
und die lange Nacht der arktischen Zone auf der kleinen Amsterdam⸗Insel 
zuzubringen; doch minder glücklich als ihre Vorgänger fielen sie sämtlich 
dem Skorbut zum Opfer. In einem hinterlassenen Tagebuch fand man 
die rührende Geschichte ihrer Leiden. „Vier von uns“, so lauteten die 
letzten Worte, „sind noch am Leben, flach auf den Boden hingestreckt, und 
könnten wohl noch essen, wenn einer von uns sich nur aufzuraffen ver— 
möchte, um Speise und Brennholz zu holen, doch sind wir vor Schmerzen 
und Mattigkeit nicht imstande, uns zu rühren. Wir beten beständig 
zum Himmel, daß er uns bald erlöse, und lange können wir gewiß nicht 
mehr leben ohne Nahrung und Wärme. Keiner ist fähig, dem andern 
zu helfen, und jeder muß seine Last tragen, so gut er kann.“ 
Seit jener Zeit scheinen sowohl Holländer als Engländer alle ferneren 
Versuche, feste Ansiedlungen auf Spitzbergen zu gründen, aufgegeben zu 
haben; doch vergeht fast kein Jahr, daß nicht einige Russen den langen 
Winter dort zubringen.
	        
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