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Da standen sie, das hohe Haupt geneigt,
60. Den Blick gesenkt, die Wange schamerglüht,
Von stolzer Demut überwältiget.
Ein königlicher Anblick war's, ob dem
Die Thraͤne rollt' in manchen Mannes Bart.
Und wie nun harrend all die Menge stand,
Und sich des Volkes Brausen so gelegt,
Daß man des Rheines stillen Zug vernahm,
(Denn niemand wagt' es, diesen oder den
Zu küren mit dem hellen Ruf der Wahl,
Um nicht am andern Unrecht zu begehn
Noch aufzuregen Eifersucht und Zwist),
Da sah man plötzlich, wie die beiden Herrn
Einander herzlich faßten bei der Hand
Und sich begegneten im Bruderkuß.
Da ward es klar, sie hegten keinen Neid,
75. Und jeder stand dem andern gern zurück.
Der Erzbischof von Mainz erhub sich jetzt:
„Weil doch,“ so rief er, „einer es muß sein,
So sei's der Ältre!“ Freudig stimmten bei
Gesamte Fürsten und am freudigsten
80. Der jüngre Kunrad; donnergleich erscholl,
Oft wiederholt, des Volkes Beifallsruf.
Als der Gewählte drauf sich niederließ,
Ergriff er seines edeln Vetters Hand
Und zog ihn zu sich auf den Königssitz.
Und in den Ring der Fürsten trat sofort
Die fromme Kaiserwitwe Kunigund:
Glückwünschend reichte sie dem neuen König
Die treubewahrten Reichskleinode dar.
Zum Festzug aber scharten sich die Reih'n,
Voran der König, folgend mit Gesang
Die Geistlichen und Laien: so viel Preis
Erscholl zum Himmel nie an einem Tag.
Wär' Kaiser Karl gestiegen aus der Gruft,
Nicht freudiger hätt' ihn die Welt begrüßt.
So wallten sie den Strom entlang nach Mainz,
Woselbst der König im erhabnen Dom
Der Salbung heil'ge Weihe nun empfing.
(Wen seines Volkes Ruf so hoch gestellt,
Dem fehle nicht die Kräftigung von Gott!)
Und als er wieder aus dem Tempel trat,
Erschien er herrlicher als kaum zuvor,
Und seine Schulter ragt' ob allem Volk.
144. Der erste Kreuzzug.
Friedrich Kohlrausch. Deutsche Geschichte. 14. Aufl. Leipzig, 1868.
Schon seit den ältesten Zeiten war es eine fromme Sitte, nach dem
gelobten Lande zu wallfahrten, an den heiligen Stätten zu beten und