Full text: [Abteilung 1 = Für Tertia und Untersekunda, [Schülerband]] (Abteilung 1 = Für Tertia und Untersekunda, [Schülerband])

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C. Didaktisch epische Poesie. IX. Fabeln. 
111. Niederes Los. 
Von Abraham Emanuel Fröhlich. Fabeln. Aarau, 1829. 
Zu der nieder'n Trauerweide, 
Grünend an dem klaren Bach, 
Sagt die Pappel: „Wachs' mir nach 
Zu der Höhe stolzer Freude!" 
Und die Weide sprach dawider: 
„Pappel, neige dich hernieder 
Zu des Baches frischen Wellen, 
Wo mir solche Freuden quellen, 
Die du droben nicht genossen! 
Schau', wie hier die Blumen sprossen 
Und die Sterne sich erhellen!" 
112. Glauben. 
Von Abraham Emanuel Fröhlich. Fabeln. Aarau, 1829. 
Mit dem Vogel sind geflogen 
Seine Kinder über Meer. 
Droben ward der Himmel trüber, 
Drunten brausten Sturmeswogen; 
Und die Kinder klagten sehr: 
„Ach, wie kommen wir hinüber? 
Nirgend will ein Land uns winken, 
Und die müden Schwingen sinken." 
Aber ihre Mutter sagt: 
„Kinder, bleibet unverzagt! 
Fühlt ihr nicht im Tiefsten innen 
Unaufhaltsam einen Zug, 
Neuen Frühling zu gewinnen? 
Aus! in jenem ist kein Trug, 
Der die Sehnsucht uns gegeben; 
Er wird uns hinüber heben 
Und euch trösten balde, balde 
In dem jungbelaubten Walde." 
113. Die zwei Bäche. 
Von Abraham Emanuel Fröhlich. Fabeln. Aarau, 1829. 
„Laß uns," sprach einBach zum ander'n, 
„Lustig durch die Thäler wandern! 
Blumenmatten, Wald und Lieder 
Rufen uns zu sich hernieder." — 
„Warte doch!" sprach der Geselle, 
„Noch zu klein ist uns're Welle; 
Du verlörest dich in Bälde 
Auf dem breiten Sonnenfelde. 
Birg dich vor den gier'gen Strahlen, 
Stärke dich in Bergesgründen! 
Doppelt wirst du dann im Thale 
j Freuden finden und verkünden." 
Doch umsonst zurückgerufen, 
! Sprang von den Gebirgesstufen 
Jener mit Gejauchzt hinab 
In sein frühes Freudengrab. 
Und der and're suchet Nahrung 
In des tiefen Schachts Verwahrung; 
Und es sprudelt seine Welle 
Jetzo von des Berges Schwelle, 
Heilsam jedem, der begegnet, 
Alle segnend, allgesegnet. 
114. Versorgung. 
Von Abraham Emanuel Fröhlich. Fabeln. Aarau, 1829. 
Eingesperrt beim alten Pferd, 
Das im Rad lauf wohl gelehrt, 
Stampft ein Kriegsroß vor Verlangen, 
In dem Siegeszug zu prangen. 
„Sei nicht thöricht", sagt'der Gaul, 
„Hast's ja ruhig hier, und lug', 
Hängt das Heu dir nicht ins Maul? 
Giebt's nicht Hafer überg'nug? 
| Einzig hier wohnt wahres Glück; 
I Glaub' es mir und meinen Jahren! 
; Täglich hab' ich das erfahren." 
Und das Roß spricht stolz zurück: 
„Was hast du denn für Erfahrung? 
Nichts denn Kreislauf, Schlaf und 
Nahrung." 
Turnen. 
Von Abraham Emanuel Fröhlich. Fabeln. Aarau, 1829. 
„Schwing' mir die Buben und schwing' j Ruft dem Winde der Wald; 
mir sie stark!" j „Klagen sie gleich in müdem Gestöhn,
	        
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