Full text: Deutsches Lesebuch für das mittlere Kindesalter beider Konfessionen

Zur 
Erinnerung an das Jahr 1888. 
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Von Seminardirektor Stolzenburg in Bromberg. 
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Raiser Wilhelms des Ersten Tod und Begräbnis. 
1. Am 7. März 1888 wurden die Bewohner Berlins durch die 
Nachricht erschreckt, daß eine leichte Erkrankung Kaiser Wilhelms 
eine schlimme Wendung genommen habe. Sie wußten es ja, daß 
sie ihren Helden bald würden hingeben müssen, war er weit, 
weit älter geworden, als sonst dem Menschen beschieden ist, und 
doch — als es nun wirklich zu Ende gehen sollte, da war es, als 
könne das Ungeheure nimmermehr geschehen. Die Menschenmassen, 
welche sich sonst täglich nur in der Mittagsstunde vor deim Fenster 
des Kaiserlichen Palais versammelten, wichen jetzt Tag und Nacht 
nicht mehr vom Platze. Jedes Zeichen innerhalb des Palastes, das 
auf eine Wendung in dem Befinden des hohen rn schließen ließ, 
wurde mit sorgenvollem Sinne gedeutet. Und die Sorge war be— 
rxechtigt, denn immer schwächer wurde die Lebenskraft des Kaisers. 
Am 8. März, abends ß Uhr, trat der Oberhofprediger Kögel an das 
Krankenbett des Kaisers, und nach einem kurzen Worte der Be— 
grüßung pr er dem hohen Patienten das Psalmwort 28,4 
vor: ‚Und ob ich schon wanderte im finstern Thal, fürchte 
ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und 
Stab trösten mich;“ dann Jesaias 54, 10: „Es sollen wohl 
Berge weichen und Hügel hinfallen; aber meine Gnade 
soll nicht von dir weichen und der Bund meines Friedens 
soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer;“ 
und Jesaias 43, 1: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich 
erlöset; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist 
mein.“ Beide Male antwortete der Kaiser mit der Zustimmung: 
„Das ist schön.“ Als der Geistliche fortfuhr: „Ich weiß, daß 
mein Erlöser lebt. Christus ist die in und 
das Leben“ — da lautete die Bestätigung: „Das ist richtig.“ 
Auch mit vielen anderen Sprüchen tröstele er den Sterbenden. Als
	        
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