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Zum Bühl' ist's noch trocken und wenige Schritt;
doch nehmt auch mir meine Ziege mit!“ —
Der Damm zerschmilzt, das Feld erbraust;
Die Sluten wühlen, die Släche saust.
Sie setzt die Mutter auf sichres Land;
schön Suschen, gleich wieder zur Flut gewandt.
„Wohin? Wohin? Die Breite schwoll;
des Wassers ist hüben und drüben voll.
Verwegen ins Tiefe willst du hinein!“
„Sie sollen und müssen gerettet sein!“
Der Damm verschwindet, die Welle braust,
eine Meereswoge, sie schwankt und saust.
Schön Suschen schreitet gewohnten Steg,
umströmt auch gleitet sie nicht vom Weg;
erreicht den Bühl und die Nachbarin;
doch der und den Kindern kein Gewinn!
Der Damm verschwand, ein Meer erbrausus,
den kleinen hHügel im Rreis umsaust's.
Da gähnet und wirbelt der schäumende Schlund
und ziehet die Frau mit den Kindern zu Grund.
Das Horn der Ziege faßt' das ein';
so sollten sie alle verloren sein!
Schön Suschen steht noch strack und gut
Wer rettet das junge, das edelste Blut!
Schön Suschen steht noch wie ein Stern;
doch alle Werber sind alle fern.
Rings um sie her ist Wasserbahn,
kein Schifflein schwimmet zu ihr heran,
noch einmal blickt sie zum Hhimmel hinauf,
da nehmen die schmeichelnden Fluten sie auf. —
Kein Damm, kein Feld! nur hier und dort
Bezeichnet ein Baum, ein Turm den Ort.
Bedeckt ist alles mit Wasserschwall;
doch Suschens Bild schwebt überall.
Das Wasser sinkt, das Land erscheint;
und überall wird schön Suschen beweint.
Und dem sei, wer's nicht singt und sagt,
im Leben und Tod nicht naͤchgefragt.
J. W. v. Goethe.
33. Von der Freundschaft.
Von der Freundschaft spricht einer, sie sei überall, der an-
dere, sie sei nirgends; und es steht dahin, wer von beiden am
ärgsten gelogen hat.