Full text: [Teil 6 = (6. Schulj.), [Schülerbd.]] (Teil 6 = (6. Schulj.), [Schülerbd.])

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Eben berührte der schwatzende Tag den Saum ihres Gewandes, und 
schweigend und matt sank er selbst in ihren umhüllenden Schoß. Sie 
aber saß in ihrem Sternenmantel, in ihrer Sternenkrone, mit ewig 
ruhigem Antlitz. Gv. Herder. 
41. Ein geisstlich Abendlied. 
Es ist so still geworden. 
verrauscht des Abends Wehn; 
nun hört man aller Orten 
der Engel Fuße gelrn. 
Rings in die Thale senket 
sich Finsternis mit Macht — 
virf ab, Herz, was dich kränket 
und was dir bange macht! 
3. Und hast du heut gesehlet, 
o, sschaue nicht zuruck, 
empfinde dich beseelet 
von freier Gnade Glũck. 
Auch des Verirrten denket 
der Hirt auf hoher Wacht — 
wirf ab, Herz, was dich kraänset 
und was dir bange macht! 
2. Es ruht die Welt im Schweigen; 
ihr Tosen ist vorbei, 
ztumm ihrer Freude Reigen 
und stumm ihr Schmerzensschrei. 
Hat Rosen sie geschenket, 
hat Dornen sie gebracht 
wirf ab, Herz, was dich kränket 
und was dir bange macht. 
4. Nun stehn im Himmelskreise 
die Stern in Majestat 
in gleichem, festem Gleise 
der goldne Wagen geht 
Und gleich den Sternen lenket 
er deinen Weg durch Nacht 
wirf ab, Herz, was dich kränket 
und was dir hange macht. 
Gottfrièd Rinkel. 
42. 
Rãtsel. 
Zwei Eimer sieht man ab und auf 
in einem Brunnen steigen, 
und sehwebt der eine voll herauf, 
muß sieh der andre neigen. 
Sie wandern rastlos hin und her, 
abwechselnd voll und wieder leer, 
und bringst du diesen an den Mund, 
hängt jener in dem tiefsten Grund. 
Nie können sie mit ihren Gaben 
in gleichem Augenbliek dieh laben. 
Fre v. Sehiller. 
43. Am Rhein. 
Glücklich, wer auf deiner Segensflur 
immer atmen darf, du heil ger Rhein! 
Doch auch glücklich, wem ein Kurzes nur 
deine Zauber blühn ins Zerz hinein 
Holde Sehnsucht schreibt tief sich ein und bleibt, 
daß es immer wieder zu dir treibt. 
In der Morgenglut wie im Abendschein: 
O, wie wonnigruht sich s am grünen Rhein! 
Sr. Bodenstedt. 
Wenn das Rheingold in der Sonne glüht, 
und im Blütenschmuck das Ufer lacht, 
jede Welle goldene Sunken sprüht, 
jedes Herz zu neuer Lust erwacht, 
ferner Glockenklang tönt vom Rebenhang 
und im nahen Baum der Drossel Sang. 
In der Morgenglut wie im Abendschein: 
M, wie wonnia ruht sich s am arünen Rhein!
	        
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