Full text: [Teil 6 = (6. Schulj.), [Schülerbd.]] (Teil 6 = (6. Schulj.), [Schülerbd.])

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Mendelssohns Hand und enthielt die traurige Nachricht, daß der Sohn 
gefährlich erkrankt sei und noch einmal sein Haupt an die treue Mutter⸗ 
brust zu legen wünsche; sie möge doch eiligst kommen. Zugleich hatte der 
edle Mann zehn Thaler eingelegt, damit der Mangel an Geld die Reise 
nicht hindere. 
Du armes Mutterherz, welch eine schwere Reise war das für dich! 
Wie magst du gepocht, gebebt, gebetet haben! — Und doch ruht der gute 
Sohn schon im kühlen Grabe, als die Mutter die Türme Leipzigs er— 
blickt. Sie kommt an, und Herr Mendelssohn ist's, der sie liebevoll 
empfängt, der sie sanft vorbereitet auf den schweren Schlag, der mit ihr 
trauert um den guten Sohn und ihr dann den heiligen Trost in ihre 
Seele flößt. Er geht mit ihr zu dem teuern Grabe und richtet die Ge— 
beugte auf mit der frohen Hoffnung des Wiedersehens. 
So hält er die arme Mutter bei sich, so lange sie bleiben kann und 
will. Und als sie endlich die traurige Heimreise antritt, händigt er ihr 
des Sohnes Ersparnisse ein mit neunhundertfünfzig Thaler, legt zwölf 
Thaler für die Heimreise zu und übergibt der Witwe eine Schrift, in 
der er ihr verspricht, jeden Monat zwei Thaler zu senden, so lange sie lebe. 
Und das hat er redlich gehalten bis zu seinem Tode. Vergelt's ihm 
Gott droben im Himmel, wo er nun auch schon ist! W. O. v. Horn. 
52. Herr und Diener. 
Wie der Herr, so der Knecht. — Dreimal selig ist der Mann, der Herren 
dienst entbehren kann. — Mit großen Herren muß man seidene Worte reden. — 
Mit großen Herren ist nicht gut Kirschen essen. Wer zu früh will Herr sein, 
muß lange Knecht sein. — Des Herrn Fuß düngt den Acker wohl. — Der Herr 
steht mit einem Auge mehr als der Diener mit vieren. Wenn die Herren 
vom Rathause kommen, sind sie am klügsten. — Gestrenge Herren regieren nicht 
lange. — Wenn der Diener reich und der Ferr arm wird, taugen sie beide 
nichts. — Treuen Dienst lahnet Gott. volksmund. 
53. Geschichte einer Kornähre. 
Wenn du ein Getreidekörnlein in deiner Hand hast, so denkst du wohl 
nicht daran, daß dies etwas Lebendiges ist. Du hältst das Körnlein an 
dein Ohr; es gibt keinen Laut von sich. Du legst es auf den Tisch; 
es rührt sich nicht. Es ist nicht warm, nicht kalt, und doch steckt viel 
Leben darin. Der liebe Gott hat sogar in dieses kleine Körnchen einen 
großen Halm mit einer langen Ähre von vielen Körnern versteckt, wenn 
es der Mensch mit seinen Augen auch nicht sehen kann. Kannst du doch
	        
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