68 —
wie wir es aber erst eine Zeitlang gethan hatten, war es uns nicht
mõglich, lange über die gewohnte Zeit darin zu verweilen.
Nun, mein Schatz, weibt du mein ganzes Geheimnis, und
wenn du dasselbe wohl anwendest, wirst du nicht nötig haben,
dich über Unordnung im Haushalt zu beschweren. Andern zu
befehlen und Vorschriften zu geben, ist keine Kunst, man mub
vorauf gehen, «wenn einem gefolgt sein soll», auf die Bresche, wie
auf die Dresche; und der Soldat lacht über den Hauptmann, der
ihm hinterm Eichbaum befehlen will, als ein braver Korl die
Sturmleiter hinauf zu klettern. So handeln aber unsere meisten
Haushalter, sie selbst wollen schlafen, bis der Kaffee fertig ist,
und hinterm Ofen sitzen; das Gesinde aber soll sich quälen und
schlecht behelfen. Das geht nicht und wird in Ewigkeit nicht
gehen! «Der Wirt mub voraufl
J. Möser.
56. Der Ackermann und sein Sohn.
Ein Ackermann besaß ein großes Gehöft, viele Äcker, Gärten und
Wiesen, große Herden Rinder und Schafe, samt vielen Knechten und
Magden, und die Ordnung und der Reichtum seines Hauses waren be—
rühmt im ganzen Lande, aber noch berühmter waren der Name und die
Weisheit des Hausherrn, der alles klüglich und sorgsam zu leiten wußte,
also daß es an keinem fehlte.
Da begab es sich, daß der Herr des Gehöftes verreisen mußte, auf
mehrere Monden. Und er rief seinem Sohne und sprach: „Siehe, mein
Sohn, ich ziehe in die Fremde; so hüte du des Hauses und des Hofes,
die ich deiner Obhut vertraue, bis ich wiederkomme.“
Da entsetzte sich der Jüngling vor solchem Werke; aber der Vater
grüßte ihn und zog von dannen.
Nun übernahm Joses, so hieß der Jüngling, die Pflege des ge—
räumigen Erbes, anfangs mit Furcht und Zittern; doch ermannte er
sich und sprach: „Mein Vater hat es mir vertraut, so muß ich's vollbringen.“
So wirkte Joses rüstig, und der Fehler, die er anfangs beging,
wurden immer weniger.
Nach vielen Monden kehrte der Vater zurück, und als er sein Gehöft
und die Äcker und Herden erforschte, fand er beide, das Einzelne und das
Ganze, in guter Ordnung. Auch war der Ruhm des Sohnes erschollen
im ganzen Lande, und die Menschen sprachen: „Gleich wie der Vater, also
der Sohn!“