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177. Wie unsere Briefe befördert werden.
1 „Vater, gib mir, bitte, eine Marke, ich habe einen Brief an Gertrud
geschrieben“, ruft die kleine Herta schon von der Tür aus ihrem Vater zu,
der an seinem Schreibtische arbeitet. „Nun, was hast du ihr denn für große
Neuigkeiten berichtet?“ fragt dieser lächelnd. „O, ich habe ihr von unserm
letzten Ausfluge erzählt und auch mein Bild mitgeschickt. — „So, dein
Bild? Da wollen wir doch erst einmal sehen, was für eine Marke wir nötig
haben; denn wenn er mehr wiegt als 20 Gramm, kostet er 20 Pfennig.“
2. Geschwind holt Herta den Brief; er wird gewogen, und es stellt
sich heraus, daß er 22 Gramm wiegt. „Da müssen wir also eine Zwanzig—
pfennigmarke aufkleben; sonst müßte Gertrud Strafporto bezahlen.“ —
„Aber, Vater,“ fragt Herta verwundert, „die Leute, die die Kasten ent—
leeren, haben doch die großen Taschen immer ganz voll. Die vielen
Briefe können sie doch auf der Post nicht alle einzeln nachwiegen.“ —
„Nein, liebes Kind, die werden auch nicht alle gewogen; aber die Post—
beamten fühlen es den Briefen schon an, ob sie das zulässige Gewicht über—
schreiten. Das lernen sie durch Übung gar bald.“
3. „Ei, Vater, nehmen sie auf der Post jeden einzelnen Brief noch ein—
mal in die Hand?“ — „Gewiß, das müssen sie. Denk' nur einmal nach!
In den Kasten sind Briefe nach allen Himmelsgegenden unseres Vaterlandes;
mancher auch will in fremde Länder und Erdteile reisen. Was muß also wohl
auf der Post erst geschehen, ehe sie abgeschickt werden können?“ — „Sie müssen
geordnet werden.“ — ‚Richtig, sie werden nach den Bahnstrecken gesondert,
auf denen sie befördert werden. Dein Brief soll nach Harburg; welchem
Zuge wird er also übergeben werden?“ — „Dem Zuge nach Hamburg.“ —
„Während nun die Briefe geordnet werden, wird jeder, der zu schwer er—
scheint, ausgesondert und gewogen. Alle aber werden sie der Reihe nach
abgestempelt, damit die Marke nicht wieder benutzt werden kann; und was
geschieht nun, wenn das Geschäft des Ordnens und Abstempelns erledigt ist?“
4. „Dann werden sie nach der Bahn geschafft.“ — „Wo werden sie denn
dort abgegeben?“ — „Das weißt du nicht? In vielen Zügen ist hinter der
Lokomotive ein Postwagen, den du an dem Briefkasten und dem Reichsadler
erkennen kannst. Während der Fahrt müssen nun die Beamten die Briefe wieder
nach den einzelnen Stationen ordnen, und kaum hält der Zug auf einer Station,
so reichen sie auch schon das richtige Briefbündel heraus. Denn dort stehen
bereits die Leute von der Post bereit. Du hast es ja schon gesehen, daß
jedesmal, wenn ein Zug kommt, die Postkarren herangeschoben werden.
5. Von der Bahn werden die Briefe zunächst wieder nach der Post ge—
fahren; warum wohl?“ — „Dort werden sie nach den Straßen geordnet.“ —