9. „Als ob er uns verstände, hüpft
Dein Hund empor an dir."
Er drückt ihn weinend an sein Herz
Und küßt das gute Tier.
10. „Nun hab ich deinen Wert erkannt,
Du Freund, in höchster Not;
Dich lohne steter Überfluß;
Ich denke dein im Tod."
109. Schreckliche Unglücksfälle in der Schwei).
Johann Peter Hebel. Sämtl. Werke. 3. Band. Karlsruhe, 1838.
Hat jede Gegend ihr Liebes, so hat sie auch ihr Leides *), und wer
manchmal erfährt, was an anderen Orten geschieht, findet wohl Ursache
zufrieden zu sein mit seiner Heimat. Hat z. B. die Schweiz viel herden¬
reiche Alpen, Käse und Butter und Freiheit, so hat sie auch Lawinen.
Der zwölfte Dezember des Jahres 1809 brachte für die hohen Berg¬
thäler dieses Landes eine fürchterliche Nacht und lehrt uns, wie ein
Mensch wohl täglich Ursache hat, an das Sprüchlein zu denken: „Mitten
wir im Leben sind mit dem Tod umfangen." Auf allen hohen Bergen
lag ein tiefer, frisch gefallener Schnee. Der zwölfte Dezember brachte
Tauwind und Sturm. Da dachte jedermann an großes Unglück und
betete. Wer sich und seine Wohnung für sicher hielt, schwebte in Betrüb¬
nis und Angst für die Armen, die es treffen wird, und wer sich nicht
für sicher hielt, sagte zu seinen Kindern: „Morgen geht uns die Sonne
nimmer auf," und bereitete sich zu einem seligen Ende. Da rissen sich
auf einmal und an allen Orten von den Firsten der höchsten Berge die
Lawinen oder Schneefälle los, stürzten mit entsetzlichem Tosen und Krachen
über die langen Halden2) herab, wurden immer größer und größer, schossen
immer schneller, toseten und krachten immer fürchterlicher und jagten die
Luft vor sich her so durcheinander, daß im Sturm, noch ehe die Lawine
ankam, ganze Wälder zusammenkrachten, und Ställe, Scheuern und
Waldungen wie Spreu davonflogen, und wo die Lawinen sich in den
Thälern niederstürzten, da wurden stundenlange Strecken mit allen Wohn¬
gebäuden, die darauf standen, und mit allem Lebendigen, was darin
atmete, erdrückt und zerschmettert, wer nicht wie durch ein göttliches Wun¬
der gerettet wurde.
Einer von zwei Brüdern in Uri, die mit einander hauseten, war auf
dem Dach, das hinten an den Berg anstößt, und dachte: „Ich will den
Zwischenraum zwischen dem Berg und dem Dächlein mit Schnee ausfüllen
0 Das Adj. leid (Kompar. leider) wird in der Regel nicht flektiert. 3) Halde
----- Abhang.