Full text: (Für die Oberabteilung der Mittelstufe) (Teil 2, [Schülerbd.])

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wunderlich aus. „Ei, Großmutter, was hast du für große Ohren!" 
„Daß ich dich besser hören kann." „Ei, Großmutter, was hast du für 
große Augen!" „Daß ich dich besser sehen kann." „Ei, Großmutter, 
was hast du für große Hände!" „Daß ich dich besser packen kann." 
„Aber Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!" „Daß 
ich dich besser fressen kann." Kaum hatte der Wolf das gesagt, so tat 
er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rotkäppchen. 
6. Wie nun der Wolf sein Gelüsten gestillt hatte, legte er sich 
wieder ins Bett, schlief ein und fing an überlaut zu schnarchen. Der 
Jäger ging eben an dem Haus vorbei und dachte: „Wie die alte Frau 
schnarcht! Du mußt doch sehen, ob ihr etwas fehlt." Da trat er in die 
Stube, und wie er vor das Bett kam, so sah er, daß der Wolf darin 
lag. „Finde ich dich hier, du alter Sünder!" sagte er, „ich habe dich 
lange gesucht." Nun wollte er seine Büchse anlegen, da fiel ihm ein, 
der Wolf könnte die Großmutter gefressen haben, und sie wäre noch zu 
retten, schoß nicht, sondern nahm eine Schere und fing an, dem schlafen¬ 
den Wolf den Bauch aufzuschneiden. Wie er ein paar Schnitte getan 
hatte, da sah er das rote Käppchen leuchten, und noch ein paar Schnitte, 
da sprang das Mädchen heraus und rief: „Ach, wie war ich erschrocken, 
wie war's so dunkel in des Wolfes Leib!" Und dann kam die alte 
Großmutter auch noch lebendig heraus und konnte kaum atmen. 
7. Rotkäppchen aber holte geschwind große Steine, damit füllten sie 
dem Wolf den Leib, und wie er aufwachte, wollte er fortspringen, aber 
die Steine waren so schwer, daß er gleich niedersank und sich tot fiel. 
Da waren alle drei vergnügt. Der Jäger zog dem Wolfe den Pelz ab 
und ging damit heim. Die Großmutter aß den Kuchen und trank den 
Wein, den Rotkäppchen gebracht hatte, und erholte sich wieder. Rot¬ 
käppchen aber dachte: „Du willst dein Lebtag nicht wieder allein vom 
Wege ab in den Wald laufen, wenn dir's die Mutter verboten hat." 
108. Der Wolf und -ie sieben jungen Geisilein. 
1. Es war einmal eine alte Geiß, die hatte sieben junge Geißlein 
und hatte sie lieb, wie eine Mutter ihre Kinder lieb hat. Eines Tages 
wollte sie in den Wald gehn und Futter holen, da rief sie alle sieben 
herbei und sprach: „Liebe Kinder, ich will hinaus in den Wald, seid 
auf eurer Hut vor dem Wolf; wenn er hereinkommt, so frißt er euch 
alle mit Haut und Haar. Der Bösewicht verstellt sich oft, aber an
	        
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