Pfizer: Aus dem Leben Alexanders des Großen.
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c) Alexander und sein Arzt Philippus. (333 v. Chr)
In der Stadt Tarsus erkrankte Alexander gefährlich, entweder infolge
der ausgestandenen Mühseligkeiten oder weil er, noch ganz erhitzt, sich in
dem jene Stadt durchfließenden Cydnus gebadet hatte, der, im Taurusgebirge
entspringend, einen sehr reinen Grund und sehr kaltes, helles Wasser hat.
Der König wurde von Krämpfen, gewaltiger Hitze und anhaltender Schlaf—
losigkeit befallen. Keiner der Ärzte getraute sich, die Heilung zu übernehmen;
überzeugt, daß jedes Heilmittel erfolglos bleiben werde, fürchteten sie im
Falle eines schlimmen Ausganges die Vorwürfe und Beschuldigungen der
Macedonier. Endlich entschloß sich der Akarnanier Philippus, für Alexander
ein Arzneimittel zu bereiten. Denn er vertraute auf die Freundschaft des
Königs und hielt es für eine Schande, wenn er nicht mit seinem Könige
die Gefahr teilen und selbst mit Hintansetzung seines Lebens das Äußerste
versuchen wollte. Er beredete ihn, die Arznei ohne Bedenken zu nehmen,
wenn ihm daran gelegen sei, zur Fortsetzung des Krieges bald wieder zu
Kräften zu kommen. Inzwischen aber schickte Parmenio dem Könige aus
dem Lager einen Brief und warnte ihn, dem Philippus zu trauen, weil er
von Darius durch große Schätze und das Versprechen einer Vermählung
mit einer seiner Töchter bestochen sei, Alexander aus dem Wege zu räumen.
Alexander legte den Brief, nachdem er ihn gelesen hatte, unter sein Haupt—
polster, ohne ihn einem seiner Freunde zu zeigen. Als Philippus eintrat
und die Arznei in einem Becher brachte, gab Alexander ihm den Brief zu
lesen, nahm aber den Becher aus seinen Händen und trank ihn aus, während
jener las. Dann sahen beide einander an; Alexander gab durch eine heitere,
zuversichtliche Miene dem Arzte sein volles Vertrauen und seine Huld zu
erkennen; dieser aber entsetzte sich über die gegen ihn erhobene Beschuldigung,
rief, die Hände gen Himmel gestreckt, die Götter zu Zeugen seiner Unschuld
an, legte sich über das Lager des Königs und beschwor ihn, getrost zu sein
und sich ganz auf ihn zu verlassen. Die Arznei wirkte anfänglich mit großer
Heftigkeit auf den Körper, so daß der Kranke Bewußtsein und Sprache verlor
und nur sehr schwache Zeichen des Lebens von sich gab. Bald aber zeigten sich
wohltätige Wirkungen; der König wurde wiederhergestellt und erschien, sobald
es ihm seine Kräfte erlaubten, wieder unter den Macedoniern, die nicht eher
von ihrer Mutlosigkeit sich erholten, als bis sie Alexander selbst gesehen hatten.
d) Der gefangene Porus. (326 v. Chr.)
In der Schlacht am Hydaspes, in der Alexander den Porus, den
mächtigsten König der Indier, besiegte, zeichnete sich dieser selbst nicht bloß
als tüchtiger Feldherr, sondern auch als tapferer Krieger aus. Erst als er
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