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gewächsen bedeckt sind. Die Rosenkultur und Rosentreiberei hat in Berlin
einen hohen Aufschwung genommen, und zwar neuerdings erst und in sehr
kurzer Zeit. Es ist auch noch nicht lange her, seit die Berliner Gärtner
gelernt haben, die schönsten Orchideen als Schnittblumen zu ziehen. Für
Maiglöckchen als Winterblumen aber ist Berlin seit längerer Zeit schon
der erste Platz der Welt. Die Berliner Maiglöckchenkeime gehen überall
hin und weit übers Meer. Darum darf man sich nicht wundern, wenn
man im Sommer im Umkreise von Berlin weite Flächen mit nichts
anderem als Maiglöckchenblättern bedeckt findet.
Abgesehen von dem, was die Gärtner heranziehen, wird Berlin noch
von seiner Umgebung aus und von weiter her mit einer Unmasse von ab—
geschnittenen Blumen versorgt. Die meisten davon gehören wild wachsenden
Pflanzen an. Es ist unglaublich, was für eine Menge von solchen Blüten
auf den Berliner Markt geworfen wird. Kornblumen und Mohn erscheinen
in Tausenden und aber Tausenden von Bündeln und ebenso Seerosen,
gelbe und weiße, die so brauchbar für die Binderei sind. Und was kommt
sonst noch alles auf den Markt von der Wiese, vom Feldrain und aus
dem Walde: Vergißmeinnicht, Kuckucksblumen, Kuhblumen, Maiglöckchen,
Zweiblatt (Majanthemum bifolium), Nachtschatten (Platanthera bifolia),
Zittergras, Heidekraut und wer weiß, was sonst noch alles. Manche von
den wilden Blumen kommen ziemlich weit her. Schneeglöckchen werden
aus Schlesien, Maiglöckchen aus Süddeutschland, Schlüsselblumen aus dem
Königreich Sachsen bezogen.
Mit Schnittblumen endlich wird Berlin seit einigen Jahren von
Italien aus versorgt. Es sind die Blumen der Riviera, mit denen die
Hauptstadt des Deutschen Reiches überschüttet wird vom Spätherbst an bis
zum Beginn des Sommers. Neben stark duftenden Tuberosen sind es
besonders Veilchen und Rosen, beide nicht allzu schön. Beide haben
unterwegs den Duft verloren; was aber die Rosen betrifft, so stehen sie
an Schönheit weit hinter den in Berlin gezogenen zurück.
Es ist natürlich, daß die Privatgärten im eigentlichen Berlin seit
einigen Jahrzehnten stark abgenommen haben. Unzählige sind eingegangen,
sind „verbaut“ worden. Trotzdem gibt es hie und da selbst mitten in der
Stadt noch einen Garten, von dem man von der Straße aus nichts be—
merkt. Diese verborgenen Gärten entdeckt man, wenn man von der Höhe
des Rathausturmes auf Berlin herabsieht. Und dann bekommt man auch
einige Berliner „Dachgärten“ zu sehen. Dieser auf flachen Dächern vier
und fünf Treppen hoch angelegten Gärten gibt es in Berlin eine ganze
Anzahl. Hier werden die prächtigsten Blumen gebaut, in einigen auch
etwas Strauchobst und Gemüse, und, was das Hübscheste ist, es finden
sich auf ihnen von selbst Pflanzen ein, die, wer weiß woher, kommen.
Vielleicht bringt sie der Wind oder ein Vogel.