Brückenschlag erkannt hatte, im fliegenden Mantel, die Feldmütze
fest auf das Haupt gedrückt, der eisigen Witterung Trotz bietend,
die Linke leicht auf den Schwertgriff gestützt, so steht er vor uns,
der Marschall Vorwärts, so recht, so lebenswahr, daß wir ihn
lebendig zu erblicken vermeinen in jener denkwürdigen Neujahrs¬
nacht! Und so soll er an dieser Stelle stehen jahrhundertelang
auf deutscher Erde und Jahrhunderte hindurch neben Germania
auf dem Niederwald getreulich Wacht halten. Die zweite Wacht
am grünen deutschen Rhein! wiesb. Tageblatt 1894. Nr. 277.
14. Vas nationaldenkmal auf dem ITuderwald.
«lieberttmib nennt der Rheinländer den äußersten, bis an den Strom
J l sich vorschiebenden Bergrücken der Rheingangebirge zwischen den
Städten Aßmannshansen und Rüdesheim.
Steigen wir von einem dieser Orte an einem sonnigen Sommer-
morgen dnrch die Weinberge hinauf znr Höhe des Niederwaldes, so nm-
fängt uns oben Waldesschatten, Waldesfrieden. Wir dnrchwandern die
grünen Eichen- und Bnchenhallen, der Wald öffnet sich, nnd pochenden
Herzens betreten wir das weite Rnnd vor dem Denkmal. In einer Ge¬
samthöhe von 35 m baut sich das Kunstwerk vor unsern staunenden
Blicken ans. Tiefes Schweigen hier in luftiger Höhe, nur der Denkstein
erzählt in stolzen Worten, daß er „Zum Andenken an die einmütige,
siegreiche Erhebung des deutschen Volkes und an die Wiederanfrichtnng
des Deutschen Reiches 1870—1871" und zwar „Den Gefallenen zum
Gedächtnis, den Lebenden znr Anerkennung, den zukünftigen Geschlechtern
znr Nacheiferung" errichtet worden sei. Bon wem? — Von den lange
Jahre nach Einigung sich sehnenden deutschen Stämmen, von ihren Fürsten,
ihrem Kaiser. Der 28. September 1883, der Einweihnngstag, war ein
Festtag ohnegleichen für ganz Deutschland.
Auf dem 25 m hohen Steinsockel steht vor einem Thronsessel das
10 m große Erzbild der Germania, die Verkörperung des Begriffs der
deutschen Einheit. In schönem Faltenwurf legt sich das kunstvoll ver¬
zierte Gewand um den hehren Leib, den edeln, mit einem Eichenkranz
geschmückten Kopf umflattert frei das gelöste Haar. Während die Linke
das lorbeerumwnndene Schwert hält — es hat seine Dienste getan —
hebt die Rechte in vornehmer Bewegung die lorbeernmrankte Kaiserkrone
empor, das im Ringen mit dem Erbfeind gewonnene Kleinod. Ungern
wendet sich das Auge von dem Anblick des majestätischen Bildes — doch
wir wollen den bildnerischen Schmuck des Unterbaues bewundern.
Au seinem Fuße sitzen, in Überlebensgröße dargestellt, zwei Gestalten:
der altehrwürdige Vater Rhein, der so lange treu die Grenzwacht gehalten,
überreicht der Mosel das Zeichen seines Amtes, das Wächterhorn. Auf