Full text: Deutsches Lesebuch für höhere Mädchenschulen ([Teil 3, [Schülerbd.]])

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Fensterscheiben waren dicht mit Bienen bedeckt. Der Pfarrer rief 
scherzend: „Susanne, komm doch und koste unsern Honig!" „Danke, 
danke, Herr Pfarrer!" rief sie hinter der Tür; „ich werde ihn 
später kosten!" 
Nachdem wir gut geräuchert hatten, konnten wir endlich unsere 
Masken und Handschuhe ablegen. 
Es war sehr viel Honig, den wir bekommen hatten. Der Pfarrer 
freute sich sehr darüber, holte selbst aus der Küche einen Teller, legte 
drei der schönsten Scheiben darauf und sagte zu mir: „Das ist für 
dich, mein lieber Florenz, ich danke dir für die Hülfe, die du mir 
so freundlich geleistet hast." 
Ich nahm Abschied, deckte meinen Teller sorgsam zu und ging 
damit fort. Obgleich schon fast eine Stunde seit unserm Honigschneiden 
verflossen war, summten Tausende von Bienen noch überall herum, 
die durch den Rauch wie berauscht waren. Als ich weiterging, 
verzogen sie sich allmählich. Nur drei oder vier der wütendsten 
verfolgten mich; sie hatten den Honig gerochen und wollten ihn 
zurück haben. Endlich kam ich zu Hause an, und schnell schlug ich 
die Tür hinter mir zu. Nach Lmile Lrckmann. 
129. Der Winter. 
1. Ist denn da droben Bamnwoll' 
feil? 
Sie schütten uns ein gutes Teil 
herab auf Felder und auf Haus; 
es schneit doch auch — es ist ein 
Graus! 
Es hängt noch mancher Wagen voll 
am Himmel dort, das merk' ich wohl. 
2. Und wo ein Mann von weitem 
lauft, 
hat von der Bamnwoll' er gekauft, 
trägt sie auf Schultern und auf Hut. 
Wie er so läuft und eilig tut! 
Was rennst du so, du närr'scher 
Mann, 
wirst sie doch nicht gestohlen han? 
3. Und Gärten ab und Gärten 
auf 
hat jeder Pfahl sein Käppchen aus. 
Sie sehn wie große Herren drein 
und glauben sich geschmückt allein. 
Der Nußbaum da hat auch sein' Sach' 
und 's Herrenhaus und Kirchendach. 
4. Nur Schnee und Schnee! Und 
ringsumher 
sieht man nicht Straß' noch Fußweg 
mehr. 
Manch Samenkörnlein klein und zart 
liegt unterm Boden wohlverwahrt. 
Und schnei's, solang es schneien mag, 
es harrt auf seinen Ostertag.
	        
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