I. Unter Ömt Merovingern.
Erstes Kapitel.
Geographischer Schauplatz der Geschichte des jtnnkntmchs.
Mersetzen wir uns einmal sogleich aus der Urzeit in die
fränkische Zeit, also (mit vorläufiger Überspringnng der dazwischen
liegenden Ereignisse) um etwa 400 Jahre vorwärts — was finden
wir da?
Der Schwerpunkt der Geschichte unseres Volkes ist aus den Ländern
zwischen Rhein, Donau, Nord- und Ostsee hinweg in die ehemals rö¬
mische Provinz Gallien verlegt. Dort haben die Franken ein Reich
gegründet, welches dazu bestimmt ist, die Wiege des dereinstigeu
deutschen Reiches zu werden. In dem alten Germanien blieb nur
ein Teil der Stämme, die es vordem bevölkerten, zurück; die anderen
sind nach allen Himmelsstrichen ausgewandert, einige davon haben auch
Reiche gegründet, die aber um diese Zeit meist schon entweder wieder
verfallen sind, oder ihrem Verfalle entgegengehen; andere Stämme
haben sich in Gallien angesiedelt, sie unterstehen aber der Herrschaft
der Franken, und diese Herrschaft reicht auch in das alte Germanien
weit hinüber. Nur ein paar der dort zurückgebliebenen Stämme sind
zur Zeit noch unabhängig davon. Vom Osten her sind nichtdeutsche
Völkerschaften in die von den ausgewanderten deutschen Stämmen ver¬
lassenen Sitze nachgerückt: bis zur Elbe und Saale im Norden, bis
zum Böhmerwald im Süden ist Germanien slawisch geworden; in dem
heutigen Lauenburg und im östlichen Holstein sitzen Polaben und
Wilzen, in Mecklenburg Obotriten, in Brandenburg Heveller, in der