Der Maikäfer
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Linde, sie mit rosigem Scheine verklärend. Dann ist mir's immer,
als liege der Schimmer der Ewigkeit auf dem alten Baume.
So stehst du, guter alter Vater Lindenbaum, immer vor meinem
Auge. Wie oft habe ich dich voll Freude betrachtet und Trost und
Frieden gefunden in deinem Rauschen!
Otto Bocket.
22. Der Maikäfer.
Im wundervollen Monat Mai, wenn alle Knospen sich öffnen, alles
tierische und Pflanzenleben in üppiger Fülle sich entwickelt, da kommt
auch der Käfer tief aus dem dunklen Schoß der Erde empor, der nach
diesem Jahresabschnitt seinen .Namen trägt. Seine Bedeutung für das
Frühlingstreiben der Jugend in Stadt und Land, ebenso aber auch den
bedeutenden und zugleich so nachhaltigen Schaden, welchen er im
Haushalte der Natur hervorbringt, dürfen wir wohl als allgemein be¬
kannt voraussetzen. Wir wenden uns daher zunächst zu seinem Wert
im Dienste des Menschen und wollen dann seine Entwicklung verfolgen.
Außerdem, daß so mancher Junge die von ihm zum lustigen Spiel
eingefangenen Maikäfer schließlich mit großem Behagen verzehrt und
versichert, sie schmecken wie Nußkerne, werden diese Tiere auch häufig
nach Art der gebrannten Mandeln in Zucker gesotten und als Leckerei
gegessen. In neuester Zeit bereitet man aus ihnen auch eine Suppe,
welche besonders für entkräftete Kranke von großem Werte sein, krebs¬
ähnlich schmecken und sehr angenehm duften soll. Sodann werden die
Maikäfer zur Mast für Schweine, Hühner und Enten und zur Bereitung
eines vorzüglichen Düngers benützt. Den massenhaftesten Gebrauch
macht man jedoch von ihnen zur Gewinnung eines als Wagenschmiere,
Brennmaterial und sogar als Speiseöl geschätzten Öles, das man in
erhitzten Pfannen aus ihnen preßt. Ferner stellt man aus ihnen eine
braune Farbe und schließlich durch Zusammenglühen mit Eisenhammer¬
schlag und Pottasche das in der Färberei und Schlosserei nutzbare Blut¬
laugensalz dar. Den größten Vorteil gewinnt man jedoch unstreitig
von ihnen, wenn sie zur rechten Zeit für -diese oder andere Zwecke
eingesammelt werden, bevor sie Baum und Strauch, Gras und Kraut
völlig kahl gefressen haben.
Das Maikäferweibchen gräbt sich etwa einen bis zwei Dezimeter
tief in den lockeren Sand- oder Kalkboden hinein und legt hier in ver¬
schiedenen Löchern im ganzen gegen vierzig Eier. Zuweilen kommt es
dann noch einmal an die Oberfläche und lebt noch kurze Zeit; meistens
aber stirbt es von der Anstrengung in der Erde. Nach vier bis sechs
Wochen schlüpfen aus den Eiern die Larven, welche man Engerlinge
oder auch Gliemen und Quatten nennt.