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Von dem Blutgerüste hinab sprach Konradin noch rüh¬
rende Worte zum Volke. Daun nahm er Abschied von seinem
Jugendsreunde, legte sein Obcrkleid ab, hob Arme und Augen
gen Himmel und sprach: „Jesus Christus, Herrscher der Welt,
wenn dieser Kelch nicht vor mir vorübergehen soll, so befehle ich
meinen Geist in deine Hände!" Jetzt kuiecte er nieder; plötz¬
lich aber sprang er wieder auf und rief: „O Mutter, Mutter,
welche Leiden bereite ich dir!" Nach diesen Worten empfing er
den Todesstrcich. Als Friedrich von Baden das Haupt seines
Freundes fallen sah, schrie er, von dem heftigsten Schmerze er¬
griffen, laut auf, so daß alle Umstehenden zu Thränen gerührt
wurden. Dann traf auch ihn des Henkers Beil.
So kläglich endete das ruhmreiche Geschlecht der Hohen¬
staufen, welches über ein Jahrhundert laug in so reicher Fülle
der Schönheit, der Kraft und des Geistes geblüht und an
Glanz alle Fürstengeschlechter seiner Zeit übcrstralt hat, dem
jedoch sein uugemessencs Streben nach irdischer Größe zum
Falle gereichte. Wie großen Nutzen hätte dasselbe stiften kön¬
nen, wenn es, statt nach fremden Kronen zu streben, sich mit
allem Eifer einzig der Regierung des deutschen Vaterlandes
gewidmet hätte!
55. Die sicilische Vesper (1282).
Nun war Karl von Anjou Herr von Neapel und Sicilien
und regierte mit eiserner Gewalt. Mit tyrannischer Wuth ver¬
fuhr er gegen Alle, welche ihm als Anhänger des unglücklichen
hohenstaufischen Hauses hinterbracht wurden. Er verachtete die
Sicilier und wählte nur Franzosen zu seinen Feldherren, Mi¬
nistern und Räthen. Unerschwingliche Abgaben wurden mit em¬
pörender Härte eingetrieben. Dazu kam der Uebermuth der
französischen Soldaten, die schamlos die unerhörtesten Gräuel-
thaten verübten. Eine dumpfe Gährung ging durch ganz Si-
cilien; es bedurfte nur eines Funkens, der sie zum Hellen Aus¬
bruche entzündete.