Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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Erde niederstreckte, erhielt zum Danke auS schöner Hand ein 
goldenes Blatt. Hatte aber an ihm selbst der Gegner vergeblich 
seine Lanze zersplittert, und war er selbst fest im Sattel geblieben, 
so wurde ihm zum Danke ein silbernes Blatt gereicht. Acht 
Tage lang dauerte dieses Turnier abwechselnd mit Tänzen und 
Gastmahlen. 
Die Turniere waren ein schönes und edeleS, aber auch ein 
sehr gefährliches Vergnügen. Oft fiel bei denselben großes Un¬ 
glück vor. Mancher Ritter stürzte in seiner schweren Rüstung 
vom Pferde und zerbrach Arm und Bein. Mancher wurde von 
seinem Gegner tödlich verwundet oder gar auf der Stelle ge- 
tödtet. So hatte im Jahre 1559 der König von Frankreich, 
Heinrich II., das Unglück, einen Lanzenstich durch das rechte 
Auge in den Kopf zu erhalten und an der Wunde zu sterben. 
Oft sogar gebrauchten die Ritter die Turniere als eine Gelegen¬ 
heit, frühere Beleidigungen zu rächen, und alsdann glichen die 
Turnierplätze kleinen Schlachtfeldern. Auf einem Turniere zu 
Magdeburg 1175 kamen sechzehn Ritter; im Jahre 1240 wur¬ 
den auf dem Turniere zu Neuß unter Köln gegen sechzig Ritter 
und Knappen erschlagen oder von dem entsetzlichen Staube er¬ 
stickt. Das Turnier zu Darmstadt im Jahre 1403 ward zur 
blutigen Fehde zwischen fränkischen und hessischen Rittern, wobei 
sechsundzwanzig Ritter fielen. Wegen so vielen und mancher¬ 
lei Unglückes eiferte die Geistlichkeit sehr gegen diese Spiele und 
versagte denen, welche in Turnieren gefallen waren, ein christ¬ 
liches Begräbniß. 
Auf ihren Burgen lebten übrigens die Ritter wie kleine 
Könige, in Reichthum, Pracht und heiterem Lebensgenüsse. Ein 
Fest drängte das andere. Beim frohen Becher ergötzten sie sich 
an den Erzählungen ihrer Großthaten. Andere, welche kein 
Eigenthum besaßen, zogen mit ihren Knappen zu Roß von Land 
zu Land, schmauseten bei anderen Rittern und gingen, wie einst 
die griechischen Helden Herkules, Jason, Theseus, ans Abenteuer 
aus. Diese nannte man fahrende Ritter. Bald kamen
	        
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