Full text: Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel (Bd. 8)

Pan Twardowski. 461 
Der arme Mensch befolgte den Rat des Zauberers; er findet die leere 
Hütte, fetzt sich hinein und zählt mit aller Anstrengung neun Groschen hin und 
her. Schon beginnt es schwach zu tagen, da erscheint der Böse und fragt, ob 
er sich nicht geirrt habe. Der arme Edelmann verneint es freudig. „So rechne 
weiter, denn der Morgen ist nicht mehr fern", sagt der Böse und verschwindet. 
Nun will der Arme weiter zählen, aber er weiß nicht, wo er stehen geblieben ist. 
Aus war es mit seinem Reichtum; voll Verzweiflung verläßt er die Hütte, die 
Teufel treten ihm, wie er in die Stadt zurückkehrt, in den Weg, necken ihn und 
zerzausen ihm das Haar; er bereute seine That und weihte im Kloster sein 
Leben der Buße. 
Eines Tages kam in Bromberg ein alter Herr zu Twardowski, ein ehe- 
maliger Bürgermeister, und bat um Rat und Hilfe, denn in seinem Hause treibe 
der Satan sein Unwesen; wenn die Nacht hereinbreche, beginne der Spuk, dann 
gehe es hoch und toll her, dann höre er, wie Lieder gesungen werden, wie man 
kichere und flüstere, und er könne nicht schlafen bis zum Morgen. Twardowski 
fragte den alten Slomka (so hieß der Bürgermeister), ob er ein junges Weib 
habe. Als diese Frage bejaht wurde, meinte der Zauberer, daß der Spuk nur 
zu beseitigen sei, wenn entweder seine Frau alt oder er jung würde. Nach 
einigen Tagen trat Slomka am frühen Morgen bei Twardowski ein und bat 
ihn flehentlich, er möchte ihn verjüngen. Das war eine mühsame und kost- 
spielige Arbeit, die mehrere Tage dauerte, denn der Zauberer mußte sich erst 
mancherlei seltene und teure Kräuter verschaffen und Salben machen. Als alle 
Vorbereitungen getroffen waren, that der Bürgermeister so, wie wenn er sich 
zu einer großen Reise rüste; er nahm Abschied von seinem jungen Weibe und 
übergab seinem Bruder das Haus, selbst aber bezog er bei Nacht ein entlegenes, 
gemietetes Haus in der Vorstadt. Twardowski erschien, gab dem alten Manne 
einen Schlaftrunk ein, legte ihn mit Hilfe feines treuen Dieners in einen Keffel 
und kochte ihn lange, dann falbte er ihn mit verschiedenen Salben zehn Tage 
lang und ließ die Seele, die er beim Beginnen der Verjüngung aus dem Körper 
herausgenommen und in einem luftdicht verschlossenen Glase ausbewahrt hatte, 
wieder vorsichtig in den Mund des toten Körpers gleiten. Slomka war jung 
geworden und eilte nach Hause. Hier war große Gesellschaft bei der Frau 
Bürgermeisterin. Niemand erkannte ihn. Erst als er viele Fragen, die ihm 
seine Frau vorlegte und die nur er beantworten konnte, richtig beantwortete, 
glaubte man ihm, und die Frau Bürgermeisterin war über die Verwandlung 
ihres alten Mannes in einen jungen sehr erfreut. 
Das Gerücht von dieser That verbreitete sich schnell. In großen Scharen 
eilten Greise und alte Weiber herbei und wollten mit Twardowskis Hilfe wieder 
jung werden; aber der Meister, der dies vorausgesehen hatte, war und blieb 
verschwunden. Sein Diener saß vor der Thür und sagte allen: „Der Meister 
ist nicht zu Hause." 
Matthias hatte zwar genau acht gegeben bei dem Verjüngungsprozeß, 
aber der Schüler und Diener darf sich nicht dem Meister gleichstellen, wenn er 
nicht seinen Übermut schwer bereuen will. Das sollte auch Matthias erfahren. 
Weil er glaubte, das Verjüngen zu verstehen, nahm er, um sich viel Geld zu 
verdienen, in Abwesenheit seines Herrn eine Bestellung an und versprach, einen 
Starosten zu verjüngen. Er kam in das Schloß und gab sich für den Meister
	        
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