Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

Hoffnung auf, obschon unbegründetes Misstrauen des Vaters den Sohn aufs 
neue und auf lange in die Fremde trieb. 
»Siehe, Gott stehet mir bei*, so konnte er mit dem gleichfalls ver¬ 
folgten David rühmen, »der Herr erhält meine Seele«. (Ps. 54, 6.) Und 
wie viel ist nicht dem Lande Württemberg in diesem Jüngling erhalten worden! 
/j Die Schule der Noth und Bedrängniß, die Christoph jeit den ersten Jahren 
seiner Kindheit durchlaufen mußte, war recht dazu geeignet, aus ihm einen tüchtigen 
Fürsten zu machen. Er hatte gehorchen gelernt, hatte, von seinem vierten Lebensjahre 
an bis zu seinem Regierungsantritt fast immer in die Fremde verstoßen, dort, zu¬ 
mal in des Kaisers Nähe, Erfahrungen gesammelt und Verbindungen angeknüpft, 
die ihm später sehr nützlich wurden. 
Am Sterbetag seines Vaters (6. Nov. 1550) war Christoph von Mömpel- 
gard her in Tübingen angekommen; am 8. November ließ er sich in Tübingen und 
Stuttgart, und gleich darauf auch in den übrigen Städten des Landes huldigen. 
Die Cannstatler riefen bei der Huldigung mit lauter Stimme: -.Hie gut Württem¬ 
berg in Ewigkeit." 
Ulrich hatte das Herzogthum in einer mißlichen Lage hinterlassen. Eine große 
Schuldenlast lag auf dem Lande; spanische Besatzungen waren noch da; König 
Ferdinand machte Ansprüche auf den Besitz von Württemberg; das Interim hatte 
die Siebte und Mönche wieder in ihre Klöster, die Meßpriester in ihre Kirchen zu¬ 
rückgeführt. Alles war in der größten Verwirrung. Aber Christoph wußte durch 
seine Einsicht, sein Ansehen und seine persönlichen Verbindungen diese Schwierig¬ 
keiten bald zu überwinden. Nun machte er sich an die wichtige Aufgabe, das Land, 
das seit Eberhards I. Tod wohl einem vom Sturme bewegten Meere zu vergleichen 
war, in den verschiedensten Beziehungen durch gute Gesetze und Einrichtungen zu 
g Eine große Wohlthat für das Land war z. B. das neue, im Jahr 1553 
sichte „Landrecht", das an die Stelle so vieler einzelnen Rechte, Herkommen 
oohnheiten treten sollte. An sie schloß sich die erneuerte und verbesserte 
irdnung", d. h. Polizeiordnung an, die „Landmeß - und Eichordnung", 
welche gleiches Maß und Gewicht einführte, die „Forst-, Bau-, Zoll- nnd Feuer¬ 
ordnung" nebst vielen andern Gesetzen nnd Verordnungen. Gesetze sind nun freilich 
keine Bäume, von denen man Früchte erwarten kann; aber sie sind ein Zaun um 
den Garten, damit die fruchttragenden Bäume nicht beschädigt werden. Christophs 
Plan, den Neckar schiffbar zu machen, kam erst unter König Wilhelm zur Ausführung. 
Die Errichtung von Fruchtkästen wurde durch eine Theurung veranlaßt. Die Er¬ 
haltung und Ausbildung der landständischen Verfassung, um die sich Ulrich wenig 
oph angelegen sein. Unter ihm entstanden 
Kirchenverbcfferung am Herzen, da die guten Anordnungen seines Vaters durch das 
Interim wieder vereitelt worden waren. Zu diesem Geschäft berief er Johannes 
Brenz, machte ihn zum Probst, d. i. zum ersten Geistlichen der Stiftskirche in Stutt¬ 
gart nnd bediente sich seines Rathes und seiner Arbeit in allen wichtigen kirchlichen 
Angelegenheiten. Eine neue „Kirchenordnung', die Einrichtung der Klosterschulen 
177. Herzog Christoph von Württemberg./^^ 
(f 1568). 
Besonders aber lag ihm das Werk der
	        
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