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68. Festzug in Athen zur Zeit des Perikles.
wir uns in des Perikies beste Zeit zurück. Es
wird ein Fest zu Ehren der Schützerin Athens, der Göttin
Athene, gefeiert. Die festlichen Wettkämpfe der Wagen¬
rennen, der gymnastischen Spiele und der musikalischen Wett¬
streite, in denen die edelsten Jünglinge und Männer drei Tage
lang alle Tugend und Vollendung leiblicher und geistiger Aus¬
bildung bewährten, sind beendet. Die Preise, bestehend in Kränzen
und Olivenzweigen und in schönen, mit öl von heiligen Ölbäumen
gefüllten Vasen, sind von den Kampfrichtern an die Sieger ver¬
teilt, und alles rüstet sich nun zum großen Pompe des vierten
Tages, dem feierlichen Schlußakte des großen Götterfestes. Denn
es gilt jetzt, allen Glanz und alle Herrlichkeit, deren man sich
in diesen Festtagen erfreut hatte, alle Kraft und Schöne der
Jugend, alle Kunst, Würde und Tüchtigkeit des Gemeinwesens
derjenigen Göttin im Bilde dankbar verehrend darzubringen, unter
deren segenbringendem Schutze Athen herangeblüht war. Zu
diesem Tage hatten auserlesene Jungfrauen der ersten Ge¬
schlechter mit kunstgeübten Händen das heilige Gewand der
Göttin gewebt, das jetzt in feierlichem Festzuge hinaufgebracht
werden sollte auf die Akropolis. Unter den Augen der Prieste-
rinnen war von Jungfrauen auf den Scharlachgrund des Ge¬
wandes in kunstvoll verschlungenen Gruppen ein Bild aus dem
Walten der Göttin gestickt worden. (Zu jedem Feste wurde
eine andere Darstellung gewählt.) Schon hat sich das Volk ver¬
sammelt vor dem Haupttore von Athen. Mit Schild und Speer
gerüstet, ordnet sich hier die waffenfähige Mannschaft zu Fuß
und zu Roß unter ihren Führern, alle in weißen Festkleidern
und mit Kränzen geschmückt. Bunte Kleidung war verboten durch
Sitte und Heroldsruf für die Teilnehmer nicht nur, sondern auch
für die Zuschauer des Festzuges. Zu den gerüsteten Fußkämpfern
und den stolzen Reitergeschwadern gesellten sich die Züge der
erlesenen Jungfrauen, Töchter der Schutzbürger, heilige Körbe,
nachenförmige Opfergefäße und Wasserkrüge tragend. An
sie schlossen sich die Sieger in den Kampfspielen vergangener
Festtage, die älteren Bürger mit Ölzweigen in den Händen
und die Jugend vom achtzehnten bis zum zwanzigsten Jahre
in ihren Festgewändern. Besonders Geehrte trugen die Geschenke