Vorrede zum dritten Teil.
Es schien uns nicht angemessen, schon im zweiten Bande die Götter¬
und Heldensage in größerem Umfange zu bringen. Sie folgt nun hier
im dritten. Bei der Auswahl hatten wir ein doppeltes Ziel. Es galt
zunächst, der Schülerin eine Ahnung von den: Reichtmne, der Vielgestaltigkeit
und Tiefe jener herrlichen Sagengebilde zu vermitteln, in denen das
Herz und die dichterische Schöpfungskraft des Germanentums ihren be¬
deutendsten und ewig unvergänglichen Ausdruck gefunden haben; so
zeichneten wir die großen, herben Grundlinien der ältesten Sagenform
nach, aber auch die milderen, wenngleich nicht mehr ganz reinen Züge
der jüngeren Formen; so stellten wir neben den jugendschönen, ritterlich
vornehmen Siegfried den schlichten, reckenhaften Dietrich; so suchten
wir neben dem tiefen Ernste unserer Heldensage auch ihren gesunden,
derben Humor gelegentlich wieder zu erwecken. Zweitens aber sollten
unsere Stücke dem Verständnis des Nibelungenliedes dienen, das ja in
irgend einer Sonderausgabe den Kern des Lesestoffes in Klasse III
oder II bilden wird. Dieses gewaltigste Dichtwerk des deutschen Volkes,
an dessen Aufbau viele Jahrhunderte gearbeitet haben, dessen Keim dem
ältesten Naturmythus entsprossen ist, und dessen letzte Ausläufer heute
noch im Kindermärchen fortleben, es muß als teuerstes Erbgut unseres
Volkes dem Herzen der Jugend nah und immer näher gebracht werden.
Das aber kann nur geschehen, wenn wir gewisse klaffende Lücken des
Liedes ausfüllen; weil dann erst ein wahres Verständnis beginnt.
Dazu verhilft nun am besten die genauere Wiedergabe der Vor¬
geschichte, wie die nordische Sage sie gezeichnet hat. Man wird
uns hier, wie auch sonst, den Übertritt in die Sagenwelt eines anderen,
aber doch stammverwandten Volkes um so mehr verzeihen können,
als rein deutsche Überlieferungen der echten Götter- und Heldensage
nur in sehr kümmerlichen Resten enthalten sind. Sache des Lehrers