XIV. Briefe.
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verloren, indem ich schreibe! Ich gestehe, daß ich das Schlimmste fürchte,
weil sie schon vor dem Anfall dieser Krankheit nicht ganz gesund gewesen
ist. Wie schmerzt es mich, so entfernt von Ihnen zu leben und so ganz
außer stände zu sein, Ihre Beschwerden und Leiden mit Ihnen, mit der
lieben Mama2) und den armen Schwestern zu teilen und so viel möglich
zu erleichtern. Hier kann ich nichts als wünschen und bitten, daß der
Himmel noch alles gut lenken möge. Wie dauert mich unsre gute liebe
Mutter, auf die alles Leiden so zusammenstürmen muß! Aber was für
eine Wohlthat von Gott ist es auch wieder, daß die gute liebe Mutter noch
Stärke des Körpers genug hat, um unter diesen Umständen nicht zu er¬
liegen und Ihnen noch so viel Beistand leisten zu können. Wer hätte es
vor sechs und sieben Jahren gedacht, daß sie, die so ganz hingefallen und
erschöpft war, Ihnen allen jetzt noch zur Stütze und Pflege dienen würde.
In solchen Zügen erkenne ich eine gute Vorsicht, die über uns waltet, und
mein Herz ist aufs innigste davon gerührt.
Wie ängstlich sehe ich Ihrem nächsten Brief entgegen, lieber Vater,
der mir von Nanettens Zustand wahrscheinlich die entscheidende Nachricht
bringt. Wie werde ich es ertragen, eine so liebe und so hoffnungsvolle
Schwester zu verlieren, zu deren künftigen Aussichten ich gerade jetzt einige
Vorkehrungen treffen wollte, die ihr Glück vielleicht gründeten.
Ich wiederhole meine Bitte nochmals auf das nachdrücklichste, liebster
Vater. Thun Sie alles, was Sie können, zu Wiederherstellung Ihrer
eigenen Gesundheit und zu Stärkung unserer guten Mutter und Schwe¬
stern. . Schenkt uns der Himmel die Freude, daß es sich mit Nanette
wieder bessert; so verändern Sie, sobald es nur die Kräfte der Kranken
und Ihre eigenen zulassen, den Wohnort und besuchen aus eine Zeitlang
mit der ganzen Familie ein gesundes Bad, sowohl um sich zu zerstreuen,
als sich körperlich zu stärken.
Der Himmel erhalte Sie und mache es mit uns allen besser, als wir
gegenwärtig hoffen können. Meine Frau 3) ist herzlich bekümmert um die
liebe Nanette und grüßt Sie voll Teilname und Liebe. Der kleine Karl
ist gottlob! recht wohl, und auch mir geht es jetzt recht leidlich.
Tausend herzliche Grüße an alle.
Ihr ewig gehorsamer Sohn
F-S.
Schiller an Go,ethe.
Ich begrüße Sie zum neuen Jahre und neuen Säcülum^) und hoffe
zu vernehmen, daß Sie es gesund angetreten haben. Werden Sie in die
Oper2) gehen? So kann ich Sie vielleicht dort sehen, denn ich bin
willens mir heute eine Zerstreuung zu machen. Vohs und Heide3)
waren eben bei mir, sie machen kein groß Rühmen von dem Gustav
Wasa^), und einzelnen Details3) nach zu urteilen, muß das Stück gräu¬
liche Motive 6) enthalten.