Object: Zeit- und Lebensbilder aus der deutschen und sächsischen Geschichte

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einem rollenden Wagen, den Ziegenböcke zogen, fuhr er am Wolkenhimmel 
dahin und schleuderte gegen die ungefügen Riesen unter Donner und 
Regen seinen alles zermalmenden Hammer, den Blitz, der immer wieder 
in seine Hand zurückkehrte. Da er den Acker befruchtete und die Erde 
aus der Hand der Eis- und Frostriesen befreite, ward er von den Deutschen 
am meisten verehrt. Zu Donars Ehren zündete man zur Zeit der 
Sommersonnenwende auf den Bergen Feuer an, opferte Ziegenböcke oder 
bekränzte Ochsen und besprengte mit deren Blut die ihm geweihte Eiche. 
Um die Häuser vor Gewitterschaden zu schützen, warf man hölzerne 
Hämmer unb rothaarige Eichhörnchen ins Feuer unb zog glimmende 
Scheite heraus. Ihm war ber Donnerstag geweiht. An biesem Tage 
pflegte man auch die Hochzeiten abzuhalten unb alle Verträge mit bem 
Hammer, bem Sinnbilbe Donars, zu weihen unb zu bekräftigen, wie man 
noch heute bei Versteigerungen bas höchste Gebot durch Hammerschlag für 
gültig erklärt. Der Donnersberg hat seinen Namen von ihm erhalten. 
Das Christentum verwanbelte ihn gleich Woban in einen Teufel, ber von 
Donars Böcken ben Bocksfuß, bie Bockshörner unb ben Bocksgeruch erhielt. 
Ebenbeswegen warb auch bas rote Haar, bas Lieblingszeichen Donars, 
gebranbmarkt unb verachtet. 
3. Geister. Die Götter wohnten am Himmel; von Afenheim ging eine 
Brücke zur Erbe, woran z. B. noch Osnabrück, Asenbrücke, erinnert. 
Außerbem verehrten unsere Vorfahren Riesen und Zwerge, Nixen und 
Elfen, Wichte oder Heinzelmänner und Waldfrauen oder Hexen. Viele 
Geister, wie z. B. die klugen und kunstfertigen Zwerge, lebten in der 
Erde, die Nixen dagegen wohnten im Wasser und die Kobolbe in ben 
Bergen. Die tapferen Freien kamen nach Walhalla zu Woban, bie Feigen 
unb Treulosen aber in die finstere Unterwelt zur Hela, woran uns noch 
Frau Holle mit ihren großen Zähnen erinnert. Es gab Priester und 
weise Frauen (Priefterinnen), welche die Zukunft voraussagten, wie noch 
heute die Wahrsager. Dazu nahmen sie oft mit besonderen Schriftzeichen 
oder Runen versehene Buchstäbchen, die sie auf die Erde warfen und dann 
wieder auflasen, um daraus den Willen der Gottheit zu deuten. Daher 
sagen wir jetzt noch: die Buchstaben lesen und einen Plan entwerfen, den 
kürzeren ziehen, nämlich den kürzeren Losstab, das Zeichen des Verlustes 
oder des Unglücks. 
4. Die Hauptfeste waren zur Sommer- und Wintersonnenwende und 
zu Frühlingsanfang; das Julfest zur Wintersonnenwende aber war das 
größte. Aus Freude über die wieder zurückkehrende Sonne schwang man 
in den heiligen zwölf Nächten in den Lüften ein Feuerrad, das Jul hieß. 
Als die Deutschen später Christen wurden, verboten ihnen die christlichen 
Priester, Pferdefleisch, das wichtigste Opferfleisch, zu genießen und den 
Göttern an den Festen zu opfern. Sie erklärten die Götter für böse 
Geister und Unholde ober Teufel, bie Göttinnen aber für Hexen; so 
erhielt Woban als Teufel von feinem Roste ben Pferdefuß, während der 
Name Wodanstag durch Mittwoch ersetzt ward. Die heidnischen Feste 
aber verwandelte man in christliche. So feierten nun die Christen an 
Stelle der heidnischen Feste das Weihnächte-, Oster-, Pfingst- und Johannis¬ 
fest usw. zu Ehren Gottes, seines Sohnes, des heiligen Geistes und der Heiligen.
	        
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