Kap. 16. Die Karolinger. (Ludwig der Fromme, Reichstheilung.)
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Jahre 1000 Kaiser Otto III sie öffnen ließ, um sich am Anblick des großen Todten
zu begeistern, worauf späterhin Friedrich Barbarossa die zusammciigefallenen Gebeine
in einen Sarg sammeln und in eine prächtigere Grabstätte legen ließ (1165.) Diese
Gebeine giengcn späterhin verloren, sind aber 1846 wieder aufgefundcn worden.,
Karl wurde vom Papst Paschalis HI unter die Heiligen versetzt.
^ Itaci) Karl's Tode trat Ludwig der Fromme die Regierung an.
Obgleich nicht ohne Bildung in gelehrten Kenntnissen und auch nicht
ohne Uebung im Krieg, besaß Kaiser Ludwig doch nicht die Geistes¬
kraft, das weite Reich seines Vaters zusammcnzuhalten. Weich und
nachgiebig von Gemüth, gab er sich zu viel dem lenkenden Einfluß
Anderer, vorzüglich der Geistlichen, hin, überließ seinen Rathen die
Regierung und beschäftigte sich lieber mit geistlichen Uebungen. Daher
gelang es ihm nie, seine Großen in Schranken zu halten. Die unbe¬
schränkte Freigebigkeit, mit der er sie zufrieden zu stellen suchte, die
schwache Gutmüthigkeit, womit er die Befreiung vom Heerbann und
die Erblichkeit der Lehngüter gewährte, und die Nachlässigkeit, womit
er die Anstalten zur Vcrtheidigung der Reichsgränzen verfallen ließ,
brachten wesentliche Störungen in dem von seinem Vater ausgestellten
Regicrungssystem hervor. Diese Schwächen benutzte besonders der Klerus
und wußte einen großen Theil der Regierungsgewalt und Kronreckte an
sich zu bringen. Auch der Papst Stephan IV brachte den Kaiser leicht
dahin, seine eigenhändige Krönung als ungültig zu betrachten
und sich von ihm zu Rheims noch einmal krönen und salben zu lassen.
Unzufrieden mit dieser Hingebung an die Geistlichkeit, drängten
ihn die weltlichen Großen, die sich dadurch in ihrer Stellung gefährdet
sahen, schon im vierten Jahre seiner Regierung zu einer vorzeitigen
Th eil un g des Reichs unter seine drei Söhne Lothar, Pipin
und Ludwig. Diese Theilung ließen jedoch die geistlichen Großen nur
unter der Bedingung zu, daß die Einheit des Reichs aufrecht
bliebe und die Einheit der Kirche nicht gefährdet würde.
Dieser Anordnung gemäß sollte der jüngste Sohn Ludwig Bauern und die
südlich und östlich darangränzendcn Länder Deutschlands —, Pipin Alemannien,
Aquitanien und die übrigen Länder im Süden der Loire und im Westen der Rhone—,
Lothar aber daö übrige Frankcnreich und die Kaiscrwürde sammt der Mitrcgent-
schaft, so wie die Obcrhcrrlichkeitübcr seine Brüder und über den König Bernhard
von Italien erhalten.
Als sein Neffe Bernhard, König von Italien, sich dieser An¬
ordnung, durch die er sich in seiner Stellung bedroht sah, widersetzte,
stellte ihn Kaiser Ludwig vor das Gericht seiner Großen, die ihn
zum Tod verurteilten, worauf der Kaiser das Urtheil in Blendung
milderte, die aber so schlimm ausfiel, daß Bernhard daran starb. Der
Dittmar, deutsche Gesch., 3. Aufl. 7