2. Der Wind nur geht bei stiller Nacht
Und rüttelt an dem Baume,
Da rührt er seinen Wipfel sacht
Und redet wie im Traume.
3. Er träumt von künftiger Frühlingszeit,
Von Grün und Quellenrauschen,
Wo er im neuen Blütenkleid
Zu Gottes Lob wird rauschen.
Joseph Freiherr von Eichendorff.
/ 181. Paul Gerhardt.
Paul Gerhardt, geboren zu Gräfenhainichen in Sachsen im
Jahre 1606, bekleidete seit dem Jahre 1657 das Amt eines Diakonus
an der Nikolaikirche in Berlin. Die tiefe und einfach schlichte Fröm¬
migkeit, welche auch aus seinen zahlreichen Kirchenliedern überall
hervorleuchtet, machte ihn zu einem echten Manne des Volkes im
schönsten Sinne; nicht nur seine Gemeinde, sondern ganz Berlin und
die Mark hingen an ihm mit inniger Verehrung. Er war dem
lutherischen Glauben mit tiefer Überzeugung ergeben, ohne jedoch
mit seinen Gesinnungsgenossen in den Fehler unchristlichen Eiferns
und Lästerns zu verfallen. Er ließ sich in dieser Beziehung niemals
etwas zu Schulden kommen und erfreute sich deshalb der besonderen
Gunst und Gnade des Kurfürsten, welcher sich nebst seiner Gemahlin
Luise Henriette an den frommen geistlichen Liedern Gerhardts innig
erquickte. Als aber Friedrich Wilhelm mit dem Plan einer Vereini¬
gung der beiden Kirchen hervortrat, fand er auch bei dem sonst so
stillen und bescheidenen Diakonus lebhaften Widerstand, und dieser
wandte als Teilnehmer des vom Kurfürsten angeordneten Religions¬
gesprächs seinen ganzen Einfluß an, um dies Unternehmen scheitern
zu lassen. Ebenso gehörte er zu denjenigen, welche sich entschieden
weigerten, den geforderten Revers wegen Vermeidung beleidigender
Reden gegen die Reformierten zu unterzeichnen. Er wurde vor das
Konsistorium gefordert, wo der Oberpräsident von Schwerin ihn
durch die freundlichsten, aber zugleich dringendsten Vorstellungen zur