224 E. Beschreibungen und Schilderungen. II. Geographische Bilder.
kundig ist, sich leicht darin verirrt. Der Boden ist schwarz, lehmig,
(Pech nennen ihn die Bewohner), er ist durch die Flüsse entstanden, die
dK Gegend überfluteten und den fetten, fruchtbaren Schlamm zurück¬
ließen. Bei Regen sind die Straßen fast garnicht zu passieren, kaum
daß man von einem Hause zum andern kommt. Denn Steine giebt es
hier garnicht, und die Wege sind alle ungepflastert. Daß die Bestellung
solches Bodens ihre großen Schwierigkeiten hat, läßt sich denken. Dafür
sind aber auch die Ernten überreich, und den vielen Herden von glatten
glänzenden Rindern und Pferden sieht man das schöne Futter und die
gute Pflege an. Doch ist es nicht immer so gewesen. Auch hier waren
es die deutschen Ritter, die durch Dämme, Kanäle rc. den Boden so zu
einem großen Fruchtgarten umgeschaffen haben, und bald zog vom Rhein
und Holland viel fleißiges Volk herbei, das sich auf den Äckerbau und
Wasserbauten von seiner Heimat her aus dem Grunde verstand, und
sie haben zur Hebung des Wohlstandes redlich mitgeholfen. So vor¬
nehmlich die frommen, friedsamen, stillfleißigen Menoniten, die von
Holland kamen, sich in den niedrigsten Gegenden am Ausfluß der Weichsel
niederließen, Mühlen bauten, Schöpfmühlen anlegten, um das Land zu
entwässern, und bald durch Feld und Vieh zu großem Reichthum kamen.
Da sieht man Bauernhäuser und Gehöfte, so groß, geräumig, glänzend,
reinlich, so mit allein Schmuck im Innern versehen? daß es eine wahre
Lust ist. Es giebt Bauern, die über 40 Pferde halten. — Die Leute
in den Niederungen sind ein stilles, fleißiges Volk, ehrlich und offen,
gutmüthig und wacker, kräftig gebaut und wohlgenährt; es geht ihnen
gar wohl in ihrem Lande, und sie haben auch für andere ein offenes
Herz und eine bereite Hand: das kann man ihnen bald ansehen.
145. Der Eislauf.
1. Der See ist zugefroren
Und hält schon seinen Mann.
Die Bahn ist wie ein Spiegel
Und glänzt uns freundlich an.
Das Wetter ist so heiter.
Die Sonne scheint so hell.
Wer will mit mir ins Freie?
Wer ist mein Mitgesell?
2. Da ist nicht viel zu fragen;
Wer mit will, macht sich auf.
Wir gehn hinaus ins Freie,
Hinaus zum Schlittschuhlauf.
Was kümmert uns die Kälte?
Was kümmert uns der Schnee?
Wir wollen schlittschuhlaufen
Wohl auf dem blanken See.
3. Da sind wir ausgezogen
Zur Eisbahn alsobald
Und haben uns am Ufer
Die Schlittschuh' angeschnallt.
Das war ein lustig 'Leben
Im Hellen Sonnenglanz!
Wir drehten uns und schwebten.
Als wär's ein Reigentanz.
4. Nun ist vorbei der Winter,
Vorbei ist Schnee und Eis;
Es sind die Bäum' im Garten
Jetzt nur von Blüten weiß.
Doch auch in meinen Träumen
Ruf' ich noch oft: „Juchhe!
Kommt, laßt uns schlittschuhlaufen
Wohl auf dem blanken See!"
Hoffmann von Fallersleben.