Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

I. Mähly, Wunderbare Rettllng. 
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Menge fremder Truppen aus aller Herren Ländern zog über die Rhein- 
brücke nach Frankreich, um den übermütigen Kaiser Napoleon I. in 
seinem eigenen Gebiete anzugreifen; hatte doch dieser jahrelang dasselbe 
mit den deutschen Landen getan. Von den Wällen der Festung Hüningen 
— drei Viertelstunden von Basel entfernt — donnerten die Kanonen der 
Belagerten, und der Festungskommandant, ein energischer Soldat, hatte 
früher schon gedroht, er werde die Stadt Basel mit Bomben begrüßen, 
wenn sie den Heeren der Verbündeten den Durchzug über die Rhein¬ 
brücke gestatte. Aber was konnte die einzelne Stadt tun gegen das 
Machtwort der vereinigten Fürsten! 
Während also in Basel die Lage der Dinge eine sehr ernste war 
und alle Erwachsenen mit Besorgnis erfüllte, war die liebe Jugend nach 
wie vor unbekümmert und gab sich ihren gewöhnlichen Beschäftigungen 
und Belustigungen hin. So war es auch an einem Sonnabend vor¬ 
mittags nach eben geschlossener Schule. Es war noch eine Stunde bis 
zur Essenszeit, und warum sollte man diese unbenutzt verstreichen lassen? 
Das Spiel hat auch sein Recht. So dachte oder so tat wenigstens 
eine Anzahl Knaben, die einmütig beschlossen, mit Murmeln zu spielen. 
Es geschah dies vor dem Zeughause zu Basel, auf dem Sankt Peters¬ 
platze. Man kam überein, das Spiel gerade vor einer der grünen Bänke 
vorzunehmen, die an jenem Orte unter den Bäumen als Ruheplätze für 
die Bürger angebracht waren. Zum Unglück — so meinten wenigstens 
die Knaben — kam gleich nach den ersten Würfen ein ziemlich heftiger 
Regen, der die Spielenden nötigte, irgendwo unter Dach und Fach zu 
treten, wenn sie nicht bis auf die Haut naß werden wollten. In der Nähe 
waren einige Schweizer Soldaten; die hatten die Wache am Zeughause — 
es waren ja Kriegszeiten! — bezogen, und einer von ihnen lud die Knaben 
ein, in die Wachstube einzutreten, bis der Regenschauer vorüber sei. 
Das war nun zwar durchaus nichts Merkwürdiges, geschweige denn 
Wunderbares, und es kommt unter anderen Umständen öfter vor, aber 
eben unter anderen, ganz anderen Umständen. Denn kaum sind die 
Knaben unter Dach, so hören sie in nächster Nähe einen furchtbaren, 
alles erschütternden Krach, und als sie hinausblicken, sehen sie die Bank, 
vor der sie soeben gespielt hatten, nicht mehr, sondern statt ihrer Hunderte 
von grünen Holzsplittern, die auf dem tief aufgewühlten Boden umher¬ 
liegen. Was war das? Der Kommandant von Hüningen hatte Wort 
gehalten und Ernst gemacht. Es war die erste Bombe, welche er ans 
seinem Nest herübergeschickt hatte. 
Die Knaben wurden bleich, aber auch die Soldaten auf dem Wacht¬ 
posten. Dies bewirkte nicht nur die Angst, sondern vor allem der Ge¬ 
danke: Was wäre geworden, wenn der „unglückliche" Regen die Knaben 
nicht verscheucht hätte?
	        
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