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fangenschaft aber nimmt sie auch mit zerstückelten Mehlwürmern, Fleisch
oder Lidotter vorlieb- wir haben ihr manchmal davon gereicht.
Im Juni oder Juli suchen die Weibchen geeignete Plätze zur Ab¬
lage ihrer Lier auf, Moos oder lockere Erde, schön sonnig und doch nicht
zu trocken. In flachen Gruben liegen dann hier die pergamenthäutigen
Eier, ein halbes oder ein ganzes Dutzend. Zwei Monate etwa brauchen
sie zur Entwicklung,- alsdann schlüpfen die niedlichsten Dinger der Welt
aus den mißfarbenen hüllen, hellgraue Lchschen, der dunklere Rücken
eingefaßt von zwei lichten Ltreifen. Bie führen sofort die Lebensweise der
Eltern,- ohne Erziehung und Unterricht gedeihen sie prächtig.
Uber Mitte Oktober ist's aus mit dem munteren, fröhlichen Leben;
da sucht sich alt und jung unter Moos zu verbergen, zwischen Daumwurzeln,
in Erdlöchern und dergleichen, und nun lassen sie die herbststürme über
die Erde brausen, die Schneedecke hüllt Wald und Flur in glitzerndes
Weiß: verborgen im sichern versteck träumen die kleinen Wesen der Lenzes¬
sonne entgegen, die sie wecken wird zu neuer Tätigkeit.
Martin Braeß.
170. Kur dem Iugendleben der Vögel.
Die jungen Vögel machen ihren Eltern das Leben wahrlich nicht
leicht und wissen ihre Wünsche energisch zur Geltung zu bringen. Oft
verraten sie das Rest durch Lchreien und allerlei andere wunderliche
Töne: Zirpen, Brummen, schnurren. Sie haben die ewig hungrigen
Rachen fortwährend aufgerissen, wackeln und zittern mit hals und Ropf
und schlagen dabei vor Ungeduld mit den Flügelstummelchen. Lind sie
älter, so jubeln sie den mit Nahrung heimkehrenden Riten voll Freude
entgegen und schneiden wohl allerlei lustige Rapriolen dabei, machen
Verbeugungen und klappern vor Vergnügen mit den Schnäbeln wie die
jungen Störche.
Die jungen Eulen sitzen lange im Neste und lassen nachts, auch
nachdem sie schon ausgeflogen sind, aber von den Rlten noch gefüttert
werden, ihr jammerndes Geschrei erschallen, und der ältere Brehm
glaubte, das geschähe, um die Eltern wissen zu lassen, wo sie sich befänden.
Die jungen amerikanischen Langschwanzpapageien oder Rraras schreien
nicht nach Futter, sie klopfen vielmehr mit ihren dicken Schnäbeln an die
Wandungen der Baumhöhle, in der sie ausgebrütet wurden.
Es ist sehr belustigend, ausgeflogene junge Sperlinge in der ersten
Zeit auf der Straße zu beobachten. Sie könnten schon ganz gut allein
fressen, tun es auch, wenn es sein muß, aber sie finden es viel bequemer,
sich füttern zu lassen. Die Mutter gibt ihnen nichts, sie entwöhnt sie