Full text: [Abt. 2 = Für Quinta, [Schülerband]] (Abt. 2 = Für Quinta, [Schülerband])

Aus Äomers Odyffee. 
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die seine Gattin mit Anträgen umwarben und ihm Äab und Gut ver¬ 
praßten. Zuerst aber, so riet sie ihn:, sollte er zum Eumäus, dem gött¬ 
lichen Sauhirten, gehen, der von allen seinen Dienern am treuesten ihm 
anhing. Damit aber niemand den Odysseus erkennen möge, verwandelte 
ihn Athene in einen armen, alten Bettler, ließ seine blühende Gestalt 
zusammenschrumpfen zum häßlichen Greise und blendete den Glanz 
seiner Augen. Statt der köstlichen Gewänder hüllte sie ihn in ärmliche 
Lumpen und gab ihm sogar noch einen Bettelsack. In diesem Auszuge 
erschien Odysseus bei seinem treuen Diener Eumäus. 
Dieser saß gerade und schnitt sich ein Paar Sohlen aus einer Stier¬ 
haut; beim Anblick des Fremden ließ er aber die Arbeit fahren und 
führte den Gast in seine Wohnung, wo er ihn mit Ferkelsseisch be¬ 
wirtete, denn die fetten Mastschweine mußte er ja für die Freier in 
die Stadt schicken. Die Rede kam bald auf Odysseus, und der ver¬ 
meintliche Bettler schwur beim Zeus, daß der Äeld bald kommen und 
Rache an den Frevlern nehmen würde. Doch Eumäus schenkte dem 
keinen Glauben und meinte, sein unglücklicher Äerr sei gewiß schon längst 
eine Beute der Fische. „Glaube das nicht, mein Lieber," sprach Odysseus, 
„ich schwöre dir bei deinem gastfreundlichen Tische und bei dem Lerde 
des Odysseus, ehe noch dieser Monat abgelaufen ist, wird er erscheinen 
und die Frechen züchtigen." 
Am andern Tage kehrte auch Telemach, der Sohn des Odysseus, 
von seiner Reise zurück, die er unternommen hatte, um Kunde zu 
gewinnen über seinen Vater. Bevor er zur Mutter ging, kehrte er 
erst bei dem treuen Sauhirten ein und ward von ihm wie ein Sohn 
von seinem Vater empfangen. Ehrerbietig stand der verkleidete Odysseus 
vor seinem eigenen Sohne aus; doch Telemach sagte freundlich: 
„Bleib sitzen, Alter, es wird sich für mich auch noch ein Plätzchen 
finden." Eumäus aber eilte, der Penelope die glückliche Rückkehr ihres 
Sohnes zu melden. 
Nun sprach die Göttin Athene in das Äerz des Odysseus: „Gib 
dich dem Sohnes zu erkennen!" And von ihrem Stabe berührt, stand 
jetzt der Vater, in einen kostbaren Mantel und Leibrock gekleidet, in 
der Fülle seiner schönen und kräftigen Heldengestalt vor dein Sohne, 
der ihn staunend für einen Gott hielt. „Nein, ich bin kein Gott," erwiderte 
Odysseus, „ich bin dein Vater, wegen dessen du von trotzigen Männern 
viele Kränkungen erduldest." Noch immer war Telemach ungläubig, 
und erst als ihn Odysseus beschied, die Verwandlung sei ein Werk der 
Schntzgöttin Athene, schlang der Sohn in Freudentränen die Arme um 
den lange vermißten Vater. Dieser erzählte nun in aller Äast die
	        
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