Full text: Klasse 7 (viertes Schuljahr) (Teil 3, [Schülerband])

Sohne sein Land mit allen seinen Burgen. Dieser hatte nun die Wild¬ 
heit seiner Jugend abgelegt und wurde ein edler Held, dessen Ruhm 
durch alle Lande erscholl. 
Kriemhild. In dem Lande der Burgunden, zu Worms am 
Rhein, wuchs eine Königstochter auf, mit Namen Kriemhild. Sie 
war nicht allein schön, sondern auch wegen ihrer Tugenden bei allen 
Frauen beliebt. Sie wohnte bei ihren Brüdern Günther, Gernot 
und Giselher, den Königen von Burgund, mit ihrer Mutter Ute. 
Kriemhild hatte einst einen merkwürdigen Traum. Sie träumte nämlich, 
sie hätte einen großen, schönen Falken aufgezogen, den ergriffen zwei 
Adler und zerrissen ihn. Als sie diesen Traum ihrer Mutter erzählte, 
sagte diese: „Der Falke ist ein edler Mann; wenn ihn Gott nicht be¬ 
hütet, so wird er sterben, und du wirst viel Leid durch seinen Tod 
erfahren." 
Nun hörte aber Siegfried von der schönen Kriemhild, und er 
beschloß, nach Worms zu ziehen und um sie zu werben, damit sie sein 
Weib werde. Ungern hörte das seine Mutter Sieglinde, als aber 
der Sohn darauf bestand, gab sie nach und ließ für ihn und seine zwölf 
Ritter schönes Gewand bereiten. An goldenen Zäumen führten sie die 
Rosse; die Enden der Schwerter hingen bis zu den Sporen nieder, 
scharfe Speere hielten sie in der Hand, mit blitzenden Helmen und 
Panzern waren sie angetan. So ausgestaltet kamen sie nach Worms. 
Als sie an einem schönen Frühlingsmorgen in die Stadt ein- 
ritten, war alles erstaunt über die stattlichen Ritter, aber niemand 
kannte sie. Auch König Günther, der sie auf dem Schloßhofe sah, 
fragte sein Gefolge, wer sie sein möchten; keiner konnte ihm jedoch 
Bescheid geben. Da ließ er einen seiner tapfersten Helden rufen, den 
grimmen Hagen, dem alle Lande kund waren, und fragte ihn nach 
den Fremden. Dieser trat an das Fenster und musterte die Gäste in 
den schönen Gewändern, dann sagte er: „Woher sie auch immer ge¬ 
kommen sein mögen, es sind Recken von hohem Mute. Ich habe den 
Helden Siegfried nie gesehen, aber ich glaube, daß er es ist, der dort 
so herrlich einherschreitet. Ist er es, so nehmt ihn wohl auf, daß wir 
uns seinen Zorn nicht verdienen." Günther tat, wie Hagen ihm geraten; 
er hieß Siegfried willkommen in seinem Lande und ließ ihm gute 
Herberge anweisen. Siegfried lebte nun am Königshofe zu Worms, 
übte mit den Burgunden ritterliche Spiele und zeigte seine gewaltige 
Kraft, so daß alle ihn als ihren Meister anerkannten. Er half ihnen 
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